Studien über Rudolf von Ems.
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Alexander 29-40. 3182. 3255. 20643, Willeh. 125. 2295. 2302.
2323, 5601. 5623. 5644. 5653) der Poetik (Rhetorik) beruhen. In
diesen Prologen ist das Wesen der Dichtkunst wissenschaftlich
begründet wie ein Lehrgegenstand. Das ist der Kunstbegriff der
gelehrten Dichter, der ,,Meister“, der bürgerlichen Fahrenden, wo-
nach der Poet erst als Gelehrter seinen vollen Wert besitzt; der
Epigonen also, und zu ihnen bekennt sich Rudolf von Ems selbst
(besonders Prob zum 2. Buch 3171 ff.).
Die Rhetorik, die zweite der sieben freien Künste, umfaßte
die Poetik und Stilistik, dabei die dürftig behandelte Literatur-
geschichte. Der Lehrer für die mittelalterliche Rhetorik war
Cicero* 1, vor allem mit seinen Schriften De inventione, Orator,
De oratore, außerdem war viel benutzt die „Rhetorica Ciceronis“,
die ihm zugeschriebene Ars rhetorica Ad Herennium (Gornificius);
den reichhaltigsten Stoff boten unter diesen Werken die Libri
tres de oratore. In den spätlateinischen und mittelalterlichen
Grammatiken bildeten die Kapitel über die rhetorischen Figuren
einen besonderen Abschnitt, meistens am Schluß (s. die Texte bei
Keil, Grammatici latini; ferner Charles Thurot, Notices et
extraits Tome XXII, 1868; Grörer, Grundriß der roman. Philol.
II, 1, 252f.). Cicero gab seine Regeln für die juristische, foren-
sische, für die Gerichts- und Staatsberedsamkeit, diese hat dann
Augustinus auf die Predigt, also in die theologische Literatur über-
tragen. Auf dem 4. Buch seiner Doctrina christiana sowie einigen
Kapiteln seines Büchleins über den Ersten Religionsunterricht,
De catechizandis rudibus, auch De ordine II Cap. 12ff., beruht
die mittelalterliche ars rhetorica. Er hat der geistlichen Bered-
samkeit die Wege gewiesen und damit auch dem Stil der Predigt
die Grundregeln gegeben2. Die allegorisch-poetische Wissenschafts-
gegen die Aufgaben des Priestertums, so unter den Geboten Gregors I., die
besonders Gregor VII. wieder eingeschärft hat, vgl. Gotfried Herzfeld,
Papst Gregors VII. Begriff der bösen Obrigkeit, Greifswalder Diss. 1914, bes.
S. 10ff., 62ff.
1 Vgl. Norden 2, 657-—763, bes. 700ff.; Specht, Geschichte des
Unterrichtswesens in Deutschland, S. 114 ff.; Zielinski, Cicero im Wandel
der Jahrhunderte, 3. Aufl. S. 321. -—- Alanus nennt in seinem Anticlaudianus
Lib. III Kap. 2 (Migne 210, 513B) die Rhetorik „Tochter Ciceros“, Ciceronis
filia, ja geradezu Ars Tullia, s. auch Lib. I Kap. 4 (Migne 491 C, vgl. auch
Sp. 53 A); Tulliana facundia (Johannes v. Neumarkt), Burdach, Zur
Kenntnis altdeutscher Handschriften, Zentralbl. f. Bibliothekswesen 8, 461.
2 Für die Predigt s. die bekannten Werke von Cruel, Linsenmeyer,
Lecoy de la Marche.
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Alexander 29-40. 3182. 3255. 20643, Willeh. 125. 2295. 2302.
2323, 5601. 5623. 5644. 5653) der Poetik (Rhetorik) beruhen. In
diesen Prologen ist das Wesen der Dichtkunst wissenschaftlich
begründet wie ein Lehrgegenstand. Das ist der Kunstbegriff der
gelehrten Dichter, der ,,Meister“, der bürgerlichen Fahrenden, wo-
nach der Poet erst als Gelehrter seinen vollen Wert besitzt; der
Epigonen also, und zu ihnen bekennt sich Rudolf von Ems selbst
(besonders Prob zum 2. Buch 3171 ff.).
Die Rhetorik, die zweite der sieben freien Künste, umfaßte
die Poetik und Stilistik, dabei die dürftig behandelte Literatur-
geschichte. Der Lehrer für die mittelalterliche Rhetorik war
Cicero* 1, vor allem mit seinen Schriften De inventione, Orator,
De oratore, außerdem war viel benutzt die „Rhetorica Ciceronis“,
die ihm zugeschriebene Ars rhetorica Ad Herennium (Gornificius);
den reichhaltigsten Stoff boten unter diesen Werken die Libri
tres de oratore. In den spätlateinischen und mittelalterlichen
Grammatiken bildeten die Kapitel über die rhetorischen Figuren
einen besonderen Abschnitt, meistens am Schluß (s. die Texte bei
Keil, Grammatici latini; ferner Charles Thurot, Notices et
extraits Tome XXII, 1868; Grörer, Grundriß der roman. Philol.
II, 1, 252f.). Cicero gab seine Regeln für die juristische, foren-
sische, für die Gerichts- und Staatsberedsamkeit, diese hat dann
Augustinus auf die Predigt, also in die theologische Literatur über-
tragen. Auf dem 4. Buch seiner Doctrina christiana sowie einigen
Kapiteln seines Büchleins über den Ersten Religionsunterricht,
De catechizandis rudibus, auch De ordine II Cap. 12ff., beruht
die mittelalterliche ars rhetorica. Er hat der geistlichen Bered-
samkeit die Wege gewiesen und damit auch dem Stil der Predigt
die Grundregeln gegeben2. Die allegorisch-poetische Wissenschafts-
gegen die Aufgaben des Priestertums, so unter den Geboten Gregors I., die
besonders Gregor VII. wieder eingeschärft hat, vgl. Gotfried Herzfeld,
Papst Gregors VII. Begriff der bösen Obrigkeit, Greifswalder Diss. 1914, bes.
S. 10ff., 62ff.
1 Vgl. Norden 2, 657-—763, bes. 700ff.; Specht, Geschichte des
Unterrichtswesens in Deutschland, S. 114 ff.; Zielinski, Cicero im Wandel
der Jahrhunderte, 3. Aufl. S. 321. -—- Alanus nennt in seinem Anticlaudianus
Lib. III Kap. 2 (Migne 210, 513B) die Rhetorik „Tochter Ciceros“, Ciceronis
filia, ja geradezu Ars Tullia, s. auch Lib. I Kap. 4 (Migne 491 C, vgl. auch
Sp. 53 A); Tulliana facundia (Johannes v. Neumarkt), Burdach, Zur
Kenntnis altdeutscher Handschriften, Zentralbl. f. Bibliothekswesen 8, 461.
2 Für die Predigt s. die bekannten Werke von Cruel, Linsenmeyer,
Lecoy de la Marche.