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Ehrismann, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 8. Abhandlung): Studien über Rudolf von Ems: Beiträge zur Geschichte d. Rhetorik u. Ethik im Mittelalter — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37685#0057
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Studien über Rudolf von Ems.

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fühlt sich als Verkündiger hoher sittlicher Wahrheiten. Die
Einleitung zum letzten Teil bringt Motive, die sonst dem
Epilog zufallen: die äußere Geschichte (Veranlassung), die
Schlußbitte um das Seelenheil.
B. Die Elemente von Rudolfs ornamentalem Stil.
Unter den stilistischen Formen, die Rudolf als schmückende
Mittel in seinen Dichtungen anwendet, bevorzugt er allen anderen
voraus die Wortwiederholung, mit der Wiederholung oder
Häufung gleicher Worte oder Wortstämme bildet er seinen hohen
Stil und die Verzierung durch die Wortkunst, das Wortspiel gibt
seiner Formensprache ihr eigenartiges Gepräge1. Diese Redefigur
ist aber in so übertriebenem Maße von ihm verwendet, daß man
seine Kunstsprache mittelhochdeutschen Asianismus nennen
kann.
Man kann die Wiederholungen nach den zwei Gesichts-
punkten der Form und des Inhalts einteilen.
A. Die Wiederholungen als formale Stilmittel2, welchen
Raum nehmen sie ein in der architektonischen Ornamentierung
der Stilfassade ?
I. Einfache Ornamentierung, ein- oder höchstens zweimalige
Wiederholung ein und desselben Wortes oder Wortstammes, in
einer, zwei, selten drei oder vier Zeilen:
a) Wiederholung in bloß einem Verse ist nicht häufig: ir
bereitschaft was bereit g. Gerh. 5656; die gevancnüsse er gegangen
baut und gap den menschen gäbe da Barl. 76, 26; schoene wol geschce-
1 Es handelt sich im folgenden nur um die dekorativen, ornamen-
talen, rhetorischen, in erster Linie formalen Mittel, mit denen der Dichter
das Wortgebäude seiner Kunstsprache konstruiert, um ,,diu wort“, nicht um
den sin. Deshalb sind die Metaphern, Bilder usw. hier nicht miteinbezogen,
da deren Wirkung eine hauptsächlich ideelle ist, auch nicht die Flick-
formeln, denn diese sind stilistisch überhaupt zwecklos. Ganz außerhalb
der Aufgabe liegt die Technik der Erzählung und der Stil des Inhalts. -—-
Über Rudolfs Stil hat am besten gehandelt Anton Henrich in seinen stili-
stischen Untersuchungen über Rudolfs Willehalm, Beitr. 38, 225—279.
2 Grundlegende Beobachtungen über die „Wiederholung“ hat Behaghel
veröffentlicht in seinem für die mhd. Stilistik sehr ergebnisreichen Artikel
über die Technik der mhd. Dichtung, Beitr. 30, 432—564; vgl. auch Panzer,
Ztschr. f. d. Phil. 38, 551—555.
 
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