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Ehrismann, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 8. Abhandlung): Studien über Rudolf von Ems: Beiträge zur Geschichte d. Rhetorik u. Ethik im Mittelalter — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37685#0042
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42

Gustav Ehrismann:

Eine alte Vorschrift der Rhetorik ist es, daß die Erzählung
(narratio) kurz sein solle: Cicero, De oratore II, 19, 80—83, De
inventione I, 20, darnach Alcuin Sp. 931A; Quintilian IV, 2, 40 ff.;
Isidor, Etymol. II, 7, 2; Notker § 11 (Piper I, 651); Alanus Kap. I
(Migne Sp. 114C): Sit autem sermo compendiosus, ne prolixitas
pariat fastidium. Der Verfasser entschuldigt sich wegen des Um-
fangs der Rede bezw. des Ruches: Augustinus, De doctrina Christ.
IV, 31; Honorius Aug., Migne 172, 817 A; Alanus Kap. I (Migne
Sp. 114A); Cruel, Geschichte der d. Pred., S. 135f.; vgl. Volk-
mann2 S. 135.
Rudolfs Prologe umfassen weit mehr als nur jene drei Eigen-
schaften, da er überhaupt einen großen Teil des rhetorischen
Wissenschaftgebietes behandelt. Jedoch ist mit den theoretischen
Erörterungen jene dreifache Beziehung auf das Publikum verfloch-
ten und es lassen sich viele Stellen auch unter diesem Gesichts-
punkt betrachten. Unter das benevolum facere fallen diejenigen
Verse, in welchen der Dichter den Wert der Gunst des Publikums
hervorhebt, auch jene, in welchen er über die Gesinnung der Zu-
hörer spricht, und auch die Demutbezeugungen. Die Belehrung der
Zuhörer (docilem facere) geschieht da, wo von dem Inhalt der
Erzählung und von dem Helden die Rede ist, wie im Prolog zum
1. Buch 41—90, wo das bescheiden 41 (auch 12966) eben das docilem
facere bedeutet; oder im Prolog zum 3. Buch 8069—8086, wo das
Verbum sagen auf die Bekanntgebung des Inhalts hinweist: swer
ez vernemen danne wil, dem sage ich urliuge vil 8069 f., ferner 8075.
79. 85. Die Aufmerksamkeit der.Hörer wird erregt (intentum
facere) durch Hervorhebung der Taten des Helden, so im Prolog
zum 1. Buch 41—90 (er hat Wunder vollbracht 71—74, vgl. nova,
incredibilia Cicero De inv., s. oben S. 25 f.); oder der Heldenpreis
im Prol. zum 2. Buch 3293—3298 und zum 4. Buch 12935—12940
mit der gleich folgenden Aufforderung zur Lektüre der wahren
Alexandergeschichte 12941 ff. Das Aufmerksammachen auf den In-
halt, auch die Betonung der historischen auf Quellenforschung be-
ruhenden Richtigkeit der Darstellung fällt unter den Begriff eines
Prologus commendaticius. Apologetisch (prologus apologeticus) ist
der Prolog zum 2. Buch, besonders 3063—3084 und 3269—3276,
und die Entschuldigung der Länge des Gedichtes 8025 ff. (kurz
und got machen 8044). Genau abgrenzen lassen sich die Stellen
des intentum facere und des docilem facere nicht, da sie stofflich
zusammen fallen, indem sowohl die Aufmerksamkeitserregung als
 
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