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Ehrismann, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 8. Abhandlung): Studien über Rudolf von Ems: Beiträge zur Geschichte d. Rhetorik u. Ethik im Mittelalter — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37685#0069
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Studien über Rudolf von Ems.

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130831. Oder: Rudolf will das kräftige Rot einer roten Decke
besonders hervorheben Weltchr. 12562 f., da fällt ihm ein passender
Ausdruck aus Parz. ein (145, 17), vgl. auch Rud. Willeh. 1101
und Wolfr. Willeh. 431, 122. Oder: er hat den Begriff ‘verlassen’
im Sinn, zugleich das Reimwort gelich Weltchr. 13476f., da stellt
sich als passender Ausdruck Wolframs entwich tuon ein (Parz. 400,
19. 573, 13)3. — 2. Sprachliche Formeln, die dem Dichter mehr
gewohnheitsmäßig bereit liegen und sich ihm ohne Erregung einer
bestimmten Assoziation, ohne an eine einzelne bestimmte Stelle
Wolframs gebunden zu sein, einstellen. Sie haben keinen speziellen
Inhalt, sondern nur die Funktion stilistischer Formen: die Um-
schreibungen mit kraft, kür, site, zil4 mit erkant, mit niht vermieten,
niht verbern, niht vergezzen, seltener mit lam, laz, unbetrogen, die
Verknüpfung von positivem und negativem Begriff wie die jungen,
niht die alten; die eingeworfenen Fragen, z. B. waz täten dö wtp
unde man? Rud. Willeh. 3811; einzelne Wendungen wie im wart
der sträze slac v er seit g. Gerh. 1294, des was si gar an guote erlän
1526, sprach des buregräven munt 2573, diu freude sliez der swsere
ein zil die klagendes herzen urhcip da vor mit jämers not begap 2440
bis 2442, sin munt wart küssens niht erlän Barl. 299, 22f.; zum
Willeh. s. Henrich S. 228—230 (zum Enjambement s. Henrich
S. 246)5. Daß die drei ersten Arten, die Umschreibungen, ihre
Anwendung vorwiegend formalen Gründen verdanken, erhellt
daraus, daß sie meist im Reime stehen, also zur Erleichterung der
Reimtechnik dienen. Natürlich hat bei den Entlehnungen auch
mehr oder weniger das ästhetische Wohlgefallen des Dichters mit-
gesprochen, aber sie sind nicht stark genug, um den künstlerischen
Gesamteindruck wesentlich zu beeinflussen.
Die Wortwiederholung kennt auch Wolfram6 und hat sie
verschiedentlich als Stilmittel angewendet, aber nicht als malendes,
bloß ästhetisches, unter Umständen nur akustisches Formenspiel,
1 Leitzmann, Ztschr. f. d. Phil. 43, 307 und Beitr. 42, 504.
2 Leitzmann, Ztschr. f. d. Phil. 43, 304 und Beitr. 42, 504.
3 Leitzmann, Beitr. 42, 504.
4 Zu diesem und den folgenden Punkten s. die angeführten Artikel
von Henrich und Leitzmann und die Wörterbücher zu den Ausgaben des
Willehalm und der Weltchronik.
5 S. auch Friedr. Wahn schaffe, Die syntaktische Bedeutung des
mhd. Enjambements, Diss. Bert 1918 (der Ganzdruck in der Palaestra ist
noch nicht erschienen).
6 Wortwiederholung bei Hartmann s. Haupt, Anm. zu Erec 9546.
 
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