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Gustav Ehrismann:
überhaupt nur im Willehalm, wo Rudolf sie als kunstverständige
Kritiker (merkxre 2291) anruft, die der Aventiure ein Urteil über
seine dichterische Fähigkeit geben und seine Arbeit am Willehalm
rechtfertigen sollen, dazu wohl auch noch in der Absicht, um sie
günstig für sich zu stimmen {Jjf ir gnade 2297); nicht auch im
Alexander, da er hier nur eine Übersicht selbstschaffender, ihm
dem Epigonen zum Vorbild gereichender Meister gibt. Endlich
die Aufnahme von Konrad von Fußesbrunnen und das Fehlen
Heinrichs v. d. Türlin im Willehalm läßt sich aus dem Prinzip der
Variation begreifen. Die Lücke, die durch Ausschaltung Konrads
von Heimesfurt entstand, konnte leicht ersetzt werden durch den
ihm literarisch nahestehenden Konrad von Fußesbrunnen (gemeint
sind wohl seine — verlorenen — weltlichen Erzählungen, Leitz-
mann S. 316f.), umgekehrt konnte für den neu eingeführten Hohen-
lohe am leichtesten Heinrich v. d. Türlin getilgt werden, denn
Hohenlohes Roman scheint einen ähnlichen Inhalt gehabt zu
haben wie die Krone, die Rudolf zudem schon im Alexander nur
mit Vorbehalt und bedingungsweise gepriesen hatte (vgl. Junk
S. 443).
b) Bei der Reihenfolge der Dichter sind im Alexander deutlich
zwei Abteilungen unterschieden: die Dichter der ersten Gruppe,
von Veldeke bis zu Fleck, außer Konrad v. Heimesfurt, werden
eingehender gepriesen als die der zweiten von Absolon bis Ulrich
von Türheim, die nur mit einem allgemeinen Lob in zwei oder
drei Versen bedacht werden; der letzte, Ulrich v. Türheim, tritt
als Abschluß der ganzen Reihe wieder etwas mehr hervor. Im
Willehalm besteht keine solche Abstufung in der Würdigung, nur
in ganz auffallende Beleuchtung gerückt wird Ulrich v. Türheim.
Er wird schon überhaupt äußerlich von seinen Vorgängern durch
eine Zwischenrede der Aventiure getrennt 2252—2255 und aus-
drücklich als der in der Gegenwart mustergültige Künstler hin-
gestellt 2256—2270, und außerdem wird ihm eine besondere Hul-
digung dargebracht, indem er später mitten in der Erzählung wegen
seines Glies als hervorragendster Darsteller des Minnewesens ge-
priesen wird 4390—4397. Im Alexander dagegen nennt Rudolf
Konrad Fleck als sein besonderes Vorbild, Ulrich v. Türheim wird
nur mit allgemein anerkennenden Worten bedacht (zu Al. 3263 f.
vgl. 15775f., Junk S. 461); und während er hier Flecks Clies
neben dessen Flore als Liebesroman hervorhebt, nennt er ihn im
Willehalm gar nicht und rühmt statt dessen Türheims Clies wegen
Gustav Ehrismann:
überhaupt nur im Willehalm, wo Rudolf sie als kunstverständige
Kritiker (merkxre 2291) anruft, die der Aventiure ein Urteil über
seine dichterische Fähigkeit geben und seine Arbeit am Willehalm
rechtfertigen sollen, dazu wohl auch noch in der Absicht, um sie
günstig für sich zu stimmen {Jjf ir gnade 2297); nicht auch im
Alexander, da er hier nur eine Übersicht selbstschaffender, ihm
dem Epigonen zum Vorbild gereichender Meister gibt. Endlich
die Aufnahme von Konrad von Fußesbrunnen und das Fehlen
Heinrichs v. d. Türlin im Willehalm läßt sich aus dem Prinzip der
Variation begreifen. Die Lücke, die durch Ausschaltung Konrads
von Heimesfurt entstand, konnte leicht ersetzt werden durch den
ihm literarisch nahestehenden Konrad von Fußesbrunnen (gemeint
sind wohl seine — verlorenen — weltlichen Erzählungen, Leitz-
mann S. 316f.), umgekehrt konnte für den neu eingeführten Hohen-
lohe am leichtesten Heinrich v. d. Türlin getilgt werden, denn
Hohenlohes Roman scheint einen ähnlichen Inhalt gehabt zu
haben wie die Krone, die Rudolf zudem schon im Alexander nur
mit Vorbehalt und bedingungsweise gepriesen hatte (vgl. Junk
S. 443).
b) Bei der Reihenfolge der Dichter sind im Alexander deutlich
zwei Abteilungen unterschieden: die Dichter der ersten Gruppe,
von Veldeke bis zu Fleck, außer Konrad v. Heimesfurt, werden
eingehender gepriesen als die der zweiten von Absolon bis Ulrich
von Türheim, die nur mit einem allgemeinen Lob in zwei oder
drei Versen bedacht werden; der letzte, Ulrich v. Türheim, tritt
als Abschluß der ganzen Reihe wieder etwas mehr hervor. Im
Willehalm besteht keine solche Abstufung in der Würdigung, nur
in ganz auffallende Beleuchtung gerückt wird Ulrich v. Türheim.
Er wird schon überhaupt äußerlich von seinen Vorgängern durch
eine Zwischenrede der Aventiure getrennt 2252—2255 und aus-
drücklich als der in der Gegenwart mustergültige Künstler hin-
gestellt 2256—2270, und außerdem wird ihm eine besondere Hul-
digung dargebracht, indem er später mitten in der Erzählung wegen
seines Glies als hervorragendster Darsteller des Minnewesens ge-
priesen wird 4390—4397. Im Alexander dagegen nennt Rudolf
Konrad Fleck als sein besonderes Vorbild, Ulrich v. Türheim wird
nur mit allgemein anerkennenden Worten bedacht (zu Al. 3263 f.
vgl. 15775f., Junk S. 461); und während er hier Flecks Clies
neben dessen Flore als Liebesroman hervorhebt, nennt er ihn im
Willehalm gar nicht und rühmt statt dessen Türheims Clies wegen