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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0017
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Vom göttlichen Wohlgeruch.

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Zeichen ihrer Nähe, eine Form ihrer Epiphanie. Das Symbol ist
augenscheinlich aus der Sphäre menschlicher Gewohnheit ge-
bildet. Die Götter sind in allem Äußeren ihres Lebens himm-
lische Gegenbilder menschlichen Daseins; wie Menschen sich salben,
um „ihren Geruch angenehm zu machen“1, so wird im feierlichen
Gottesdienst der Gott selbst im Allerheiligsten gesalbt2. Diese
kultische Zeremonie gibt der Anschauung vom Wohlgeruch der
Götter immer neue Nahrung.
Es ist bezeichnend, daß die ägyptische Religion den gött-
lichen Duft nie von wesentlich anderer Art3 gedacht hat als den
der Menschen. Götter und Menschen stehen hierin auf gleicher
Stufe. Nur das wird immer wieder hervorgehoben, daß es die
Düfte von Punt sind, die die Götter umgeben. Aus dem Gottes-
und Fabellande Punt stammen die köstlichsten Salben, aus ihm
vor allem der Weihrauch, der im Gottesdienst Verwendung findet.
Punt ist das duftdurchflossene Gottesland, „meine Stätte des
Vergnügens“'4, von deren Wunder die ägyptische Phantasie nicht
genug berichten kann. Aber ebenso salben und schmücken sich
auch die Menschen mit den „Düften von Punt“5.
Die Anschauung vom Wohlgeruch der Götter ist nicht in der
Zeit des mittleren oder neuen Reiches entstanden, aus der die
meisten Zeugnisse stammen, und ist nicht mit ihr erloschen; sie
reicht bis in die Zeit der Pyramidentexte hinauf und bis in das
erste nachchristliche Jahrhundert hinab. Gerade die ältesten und
jüngsten Texte zeigen besonders deutlich, welche religiösen Kräfte
und Bräuche die Vorstellung vom göttlichen Duft lebendig oder
wenigstens geläufig erhalten haben; und sie lassen klarer die
Momente erkennen, die der ägyptischen Religion eigentümlich sind.
1 Vgl. Erman, Ägypten II, S. 316ff.
2 S. Erman, Ägyptische Religion 2, S. 57 ff.; Roeder, a. a. O. S. VIII.
3 Wie etwa in Griechenland; s. oben S. 4L
4 Breasted, Records 11,288; Worte der Hatschepsut.
5 S. Erman, Ägypten I, S. 31611.; vgl. z. B. das Liebeslied eines Mäd-
chens in Altorientalische Texte und Bilder, hrsg. v. Greßmann, p. 200:
Wer als Bester kommt,
Der nimmt meinen Wurm.
Er hat seinen Duft aus Punt mitgebracht,
Und seine Krallen sind voll Harz.

Sitzungsberichte der Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1919. 9. Abh.

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