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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0018
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18

Ernst Lohmeyer:

Unter den Sprüchen der Pyramidenzeit, die bei der den Toten
gewidmeten rituellen Feier rezitiert werden, begegnet auch fol-
gendes Wort des Priesters an den Toten1:
„Ich komme zu Dir . ., mit der Salbe Dich zu salben,
welche ausging von dem Horusauge. Salbe Dich damit; sie wird
deine Gebeine verknüpfen, deine Glieder vereinen, Dein Fleisch
an Dich binden, sie wird den widrigen Schweiß lösen, (daß er)
zur Erde (niedersinkt). Nimm ihren Duft auf Dich, daß Dein Duft
süß sei wie (der Duft des) Re, wenn er aufsteigt am Horizont,
und die Götter des Horizontes sich an ihm freuen.“
Ganz ähnlich lautet es in einem Ritual zur Einbalsamierung
der Toten, dessen Niederschrift aus der Zeit um 100 n. Chr.
stammt2:
„0 Osiris N. N., das Myrrhusöl an Dich, das aus Punt kommt,
um Deinen Geruch durch den Gottesgeruch zu verschönern.“
Die Vorstellung vom göttlichen Wohlgeruch ist hier eng mit
der Anschauung vom Tode und vom Jenseits verknüpft. Dem
lebensfreudigen Ägypter, dem Tod und Verwesung das härteste
und furchtbarste Geschick ist3, wird der üble Duft geradezu zu
einem Symbol des Todes. Darum spricht der Priester zu dem
Toten: „Vergehe nicht, verwese nicht, laß deinen Duft nicht
übel werden“4, darum begegnet der Wunsch : „Möge Sokaris
deinen Duft angenehm machen“5. Eben darum salbt man mit
wohlriechendem Öl den Toten, daß „sein schöner Geruch ihn
festlich mache“6 und „ihn mit dem Sonnengott vereinige“7. So
1 K. Sethe, Die altägypt. Pyramidentexte, 1799 ff.; Übersetzung nach
Breasted, Development of Religion, p. 79.
2 Aug. Mariette, Papyrus de Boulaq, Nr. 3, p. VI; Übersetzung von
Roeder, a. a. O. S. 297ff.
3 Das ist wenigstens die geläufige Anschauung; s. z. B. das Gedicht
„von der Vergänglichkeit alles Irdischen“, Altorient. Texte usw., S. 198f.
Eine gegensätzliche im „Lied des Harfners“ bei Roeder, a. a. O. S. 60;
eine andere in dem „Gedicht vom Lebensmüden“, Altorient. Texte usw.,
S. 195 ff.
4 Sethe, Pyr. 722; Übersetzung nach Breasted, Development of
Religion, S. 57.
5 Vgl. Erman, Reden, Rufe und Lieder auf Gräberbildern des Alten
Reiches in Abhandl. der Berl. Akad., phil.-hist. Klasse, Jahrgang 1918,
Nr. 15, S. 47.
6 Roeder, a. a. O. S. 37; aus den Osirismysterien.
7 Roeder, a. a. O. S. 298.
 
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