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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0015
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Vom göttlichen Wohlgeruch.

15

II.
Wir erweitern hier den Kreis der Untersuchung und behandeln
die Gestalt, die das Duftsymbol in der ägyptischen und persischen
Religion gewonnen hat. Das Wesen und die Eigenart der
griechischen wie später der christlichen Vorstellung wird dadurch
deutlicher heraustreten.

In der ägyptischen Religion1 ist die Vorstellung vom Wohl-
geruch der Götter von den frühesten bis in die spätesten Zeiten
geläufig; und wie in Griechenland scheint dabei das psychologische
Motiv mitgespielt zu haben, daß der Mensch, wie er alles Geistige
und Sinnliche mit Auge, Ohr und Geruch in sich aufnimmt, so
auch das Göttliche mit dieser Dreiheit der Sinne erfassen müsse2.
Auf den Wänden des Tempels zu Deir-el-Bahari3 ist eine
himmlische Szene zwischen dem Gott Amon und der Königin
Ahmose dargestellt. Die beiden Gestalten sitzen einander im Him-
mel gegenüber, dessen Zeichen von zwei Gottheiten getragen wird.
Der Gott reicht der Königin das Lebenssymbol in Gestalt des
Henkelkreuzes. Den Sinn dieser Szene erschließt die begleitende
Inschrift, von der ich nur das hierher Gehörige anführe:
„(Amon) verwandelte sich in die Gestalt der Majestät ihres
Gemahls des Königs von Ober- und Unterägypten; sie [Amon
und Thot] fanden sie, wie sie ruhte in der Schönheit ihres Palastes.
Sie erwachte von dem Gerüche des Gottes; sie lächelte seiner
Majestät zu ..... Sie freute sich, seine Schönheit zu sehen,
seine Liebe ging in ihren Leib, [der Palast] war überflutet von
dem Gerüche des Gottes; alle seine Düfte waren (Düfte) von
Pu nt.“

1 Bei der Ausarbeitung dieses Abschnittes habe ich mich der weit-
gehenden Unterstützung von Prof. Hermann Ranke zu erfreuen gehabt.
2 Vgl. die Zusammenstellung der drei Sinne bei Erman, Ein Denkmal
memphitischer Theologie, Sitz.-Ber. der Bert Akad., phil.-hist. Klasse 1911,
XLIII, p. 939: „Wenn die Augen sehen, die Ohren hören, die Nase Luft
atmet, so führen sie (das) zum Herzen hinauf.“
3 Beschreibung nach Naville, The Temple of Deir-el-Bahari II, pl. 47;
vgl. auch Breasted, Ancient Records of Egypt II, 79f. Übersetzung nach
Sethe in Urkunden des Ägypt. Altertums, hrsg. v. Steindorff, IV, 219, p. 102.
 
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