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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0032
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32

Ernst Lohmeyer:

IV, 1.
Das Bild von dem Wohlgeruch als eines Zeichens der Offen-
barung Gottes auf Erden begegnet uns auf urchristlichem Boden
zum erstenmal bei Paulus in einer vielumstrittenen Stelle1 des
2. Korintherbriefes (2, 14f.):
τω δέ θεω χάρις τω πάντοτε θριαμβεύοντι ημάς έν τω Χριστώ2
καί την οσμήν τής γνώσεως αύτοΰ φανεροΰντι δι’ ημών έν παντί τόπω'
οτι Χρίστου ευωδία έσμέν τω -θεω έν τοΐς σωζομένοις καί έν τοΐς άπολλυ-
μένοις, οίς μέν οσμή έκ -Θανάτου εις θάνατον, οις δέ οσμή έκ ζωής εις
ζωήν.
Nach allen bisherigen Ausführungen kann kein Zweifel be-
stehen, daß in diesen Worten das alte griechische Symbol des gött-
lichen Duftes, in dem Gott auf Erden sich offenbart, wieder auf-
genommen ist. Die wichtigsten Merkmale dieses Symboles kehren
hier deutlich wieder. Es ist nicht nur ausdrücklich von einer
,,Offenbarung Gottes an allen Orten“ gesprochen, sondern auch
der Gegensatz von Leben und Tod, der dem Bilde sein eigentüm-
lich griechisches Gepräge gab, lebt — freilich in ganz verändertem
Sinne — hier wieder auf. Aber von dem übersinnlich-sinnlichen
Bilde ist alle Sinnlichkeit ausgetilgt; es ist nur mehr ein äußerer
Rahmen für den ganz anders gearteten jüdisch-christlichen Geist.
Ein δι5 ήμών ist eingefügt, durch das Menschen als Träger des
göttlichen Wohlgeruchs bestimmt werden; das ist jüdische An-
schauung, deren sinnenfällige Erläuterung die angeführte Schilde-
rung des Josephus gibt. Paulus erscheint so als der ιερουργών
τό εύαγγέλιον του θεού (Röm. 15, 16); der Duft seines Opfers
— mag dieses nun die ,,Opfergabe der Heiden“ (Röm. 15, 16)
oder nach verbreiteter hellenistisch-jüdischer Anschauung das
Opfer seines eigenen Lebens und Werkes sein3 * — ist der Duft, in
dem Gott sich offenbart.

1 Vgl. die Kommentare, besonders Heinrici bei Meyer, Komm. z. N. T.,
Lietzmann, Handbuch z. N. T. I, z. St. und Johs. Weiss, Schriften des
N. T.s II, 174, wo eine Seite des Duftsymboles richtig hervorgehoben Avird.
2 Dies Bild bleibt im folgenden unberücksichtigt. Weil man die beiden
Bilder durcheinander erklären wollte, wurde das Bild vom Dufte zum „un-
gelösten Rätsel“ (Lietzmann). Aber Bilderwechsel im selben Satz ist bei
Paulus nichts Ungewöhnliches.
3 Vgl. Philo, de vita Mosis II (III), 108, ed. Cohn-Wendland; de fuga
et inventione 80.
 
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