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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0004
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4

Ernst Lohmeyer:

Form der göttlichen Offenbarung in ihrem ursprünglichen Wesen
und in ihren mannigfachen Beziehungen zu der Gesamtheit der
Arten und Formen aufzuzeigen, in denen in der Antike wie im
Christentum die Gottheit auf Erden erlebt wird, und die Ge-
schichte des Duftsymbols von seiner frühesten orientalischen bis
zu seiner letzten christlichen Gestalt zu verfolgen, ist der Zweck
der folgenden Untersuchung.
Wir beginnen mit einer Betrachtung der griechischen Mytho-
logie und Religionsgeschichte.

I, 1.
In dem ersten Monolog aus Äse Indus’ Prometheusdrama
ruft der von aller Menschen- und Götternähe Verbannte aus, als
er das Kommen der Okeaniden spürt (Prom. 115ff.):
τις αχώ, τις όδμά προσέπτα μ’ άφεγγης,
θεόσυτος ή βρότειος ή κεκραμένη;
Wie im Klang, so kündet im Duft lebendige Nähe sich an.
Noch ist hier nur diese ganz allgemeine Vorstellung gegeben; Götter-
und Menschenduft sind noch ungetrennt neben- und ineinander,
und eines Gottes Nähe gibt sich nicht anders kund als die eines
Menschen1. Deutlicher ist ein Wort bei Euripides. Hippolyt ruft
sterbend (1391 ff.):
έα
ώ θ-εΐον όδμής πνεύμα · καί γάρ έν κακοΐς
ών ήσθ-όμην σου κάνεκουφίσθην δέμ.ας ·
εστ’ έν τόποισι τοίσιδ’ ’Άρτεμις θ-εά.
Hier wird „göttlicher Dufthauch“ empfunden, und in ihm in un-
mittelbarer Gewißheit das Nahen der Gottheit selbst.
Was den Duft als göttlich charakterisiert, ist, wie andere
Stellen zeigen, seine überschwängliche Süße. So heißt es in dem
homerischen Demeterhymnus, als die in Greisinnengestalt ver-
kleidete Göttin sich zu erkennen gibt (Hymn. hom. in Dem. 275ff.):
ώς είποΰσα θεά, μέγεθος καί είδος άμειψε,
γήρας άπωσαμένη, περί τ’ άμφί τε κάλλος άητο ·
όδμή δ’ ίμερόεσσα θυηέντων από πέπλων
σκίδνατο · .
1 Vgl. zu der Vorstellung vom Geruch des Menschen Sophokles’ Fragment
aus Philoktet (bei Nauck, Tragic. Graec. Fragm. No. 630): οσμής μου όπως
μή βαρυνθ-ήσεσθ-έ μου.
 
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