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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0005
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Vom göttlichen Wohlgeruch.

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Noch bezeichnender wird die Geburt des Apollo auf Delos
bei Theognis geschildert (v. 8ff.):
πασα μέν έπλήσθη Δήλος άπεφεσίη
όδμής άμβροσίης, έγέλασσε δέ γαΐα πελώρη
γήθ-ησεν δέ βαθύς πόντος άλός πολιής.
Damit ist eine deutliche Vorstellung umschrieben. Wie die
Gottheit sich menschlichem Auge und Ohr in Bild und Wort,
in Licht und Klang offenbart, so auch dem Geruch, dem dritten
und letzten der höheren Sinne des Menschen1, im Duft, so daß
der ganze leibliche Mensch mit allen diesen geöffneten Sinnen
das göttliche Dasein auf Erden erlebt. Der Duft ist das zarteste
Symbol der göttlichen Nähe. Hier ist die Gottheit nicht als
äußeres Bild dem Menschen sichtbar, sondern unfaßbar und doch
unmittelbar nah, unbegreiflich und doch lebend in der Empfindung;
sie gibt sich in ihrer gelösten, noch nicht oder nicht mehr ver-
dichteten Leiblichkeit zum Genüsse dar. Darum ist der Wohl-
geruch diejenige Form der Epiphanie, in der sich Gott beim
Kommen und Gehen, beim Nahen und Entschwinden offenbart.
Nachdem das Duftsymbol einmal deutliche Anschauung ge-
worden war2, kehrt es in späterer Zeit häufig wieder. Moschos er-
zählt von Zeus, der sich der Europe näherte (Idyll. II, 91 f.):
του δ’άμβροτος όδμή
τηλόθι καί λειμωνος έκοανυτο λαρόν άυτμήν3.
1 Über diese auf Aristoteles zurückgehende Einteilung der Sinne vgl.
Zeller, Gesch. der Philos. der Griech. II, 23, S. 539ff.
Sie klingt auch bei Paulus nach, I. Kor. 12, 17: εί δλον τό σώμα οφθαλ-
μός, που ή άκοή; εί δλον ακοή, που ή. δσφρησις;
2 Wie geläufig sie war, bezeugen die spottenden Verse des Aristophanes
über die Göttin Theoria (Pax 524f.):
olov δέ πνεις, ώς ήδύ κατά τής καρδίας
γλυκύτατου ώσπερ άστρατείας καί μύρου.
3 Vgl. auch Nonnos, Dionys. 25, 292 ff.:
καί κύνας οίνωθέντας έπ’ ήόνι κούρος έάσας
λαρόν ύδωρ λάπτοντας έρευθομ,ένου ποταμοΐο
θηρητήρ όμόφοιτος όρειάδος ίοχεαίρης
εις πόλιν ίχνος έκαμψεν, άπειθέι Δηριαδήι
αγγέλλω ν γλυκύ χεϋμα μεθυσφαλέος ποταμοΐο ·
ήδη δ’ άμπελόεσσα δι’ άστεος ετρεχεν όδμή
καί λιαρόις άνέ.μοισιν δλας έμέθυσσεν άγυιάς.
 
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