Vom göttlichen Wohlgeruch.
31
Menschen. So wird in der griechischen Baruch-Apokalypse (c. 12)
eine Vision geschildert: ,,Da kamen Engel herbei, die Körbchen
voll von Blumen trugen. Und sie reichten sie dem Michael.
Und der Erzengel nahm die Körbchen und warf sie in die Schale
hinein. Und der Engel spricht zu mir: ,,Die Blumen sind die
Taten der Gerechten“1. Ähnlich heißt es in der syrischen Baruch-
Apokalvpse2: „Der balsamische Weihrauchduft der aus dem
Gesetze stammenden Gerechtigkeit ist aus Zion verloschen und
im Lande Zions aller Orten — siehe! Der Rauch der Ruchlosig-
keit ist darin.“
Damit ist das Symbol wie in der persischen Religion, deren
Vorstellungen vielleicht bei dieser neuen Deutung von Einfluß
gewesen sind, in die menschlich sittliche Sphäre hineingeführt
und im Judentum ein bemerkenswertes Gegenbild zu der griechi-
schen menschlichen Deutung des Symbols3 4 5 geschaffen. Dabei hat
der neue Gehalt das sinnlich warme Bild allegorisiert; aber gerade
diese Entsinnlichung des Bildes ist für die spätere christliche
Frömmigkeit von Bedeutung geworden4 5.
1 Übersetzung nach Ryssel bei Kautzsch, Alttestamentliche Apo-
kryphen und Pseudepigraphen II, 456. Vielleicht ist aber diese Stelle spätere
christliche Interpolation, da sie sich eng mit Apoc. Pauli 7 —10 dem Gehalt,
freilich nicht dem Bilde nach berührt. S. bei Kautzsch II, S. 447f.
2 67, 6; Übersetzung nach Ryssel bei Kautzsch, a.'a. O. S. 438.
3 Vgl. oben S. lOff.
4 Ich führe schon hier einzelne Belege an; in Hippolyts Kommentar zum
Hohenliede, der uns in syrischen und armenischen Fragmenten erhalten ist
(hrsg. von Bonwetsch in der Berliner Akademie-Ausgabe der Griechischen
Christlichen Schriftsteller, Bd. 1), heißt es zu 1,12 (S. 361): „Die Gerechtig-
keiten, welche die Menschen aufrichtigen Herzens tun, sie duften den Duft
des Wohlgeruchs; zu3, 6 (S. 368): „Gleich Ästen aber des Wohlgeruchs sind die
wohlriechenden Taten“; zu 4, 7: Die, welche ihren Leib ertöten, duften als-
dann wie der Weihrauch durch Gerechtigkeit; zu 4, 10 (S. 371): Wenn jemand
mit richtigem Herz und richtigem Glauben Gott kennt, dann duftet er vor
ihm besser als der allen Weihrauchs; zu4, 16 (S.374): „Die Winde werden wehen
und die Wasser werden durch den heiligen Geist fließen, darum werden die
Düfte der Würze der Gerechtigkeit duften“, Stellen aus Origenes s. S. 41
Anm. 4, und vgl. was unten S. 48ff. über den Duft der Märtyrer und S. 41 f.
über den Duft des heiligen Geistes gesagt ist.
5 Die Geschichte des Symbols in der rabbinischen Theologie zu ver-
folgen, würde hier zu weit führen. Sie führt zudem nicht über die gekenn-
zeichneten jüdischen Gedanken hinaus. Viel Material dazu findet sich bei
Schoettgen, Ilorae Hebraicae I, 683. Vgl. auch Kohut, Was hat die tal-
mudische Eschatologie aus dem Parsismus übernommen? Zeitschr. d. Dtsch.-
Morgenl. Gesellsch. XXI, 1867, S. 552—591, bes. S. 567.
31
Menschen. So wird in der griechischen Baruch-Apokalypse (c. 12)
eine Vision geschildert: ,,Da kamen Engel herbei, die Körbchen
voll von Blumen trugen. Und sie reichten sie dem Michael.
Und der Erzengel nahm die Körbchen und warf sie in die Schale
hinein. Und der Engel spricht zu mir: ,,Die Blumen sind die
Taten der Gerechten“1. Ähnlich heißt es in der syrischen Baruch-
Apokalvpse2: „Der balsamische Weihrauchduft der aus dem
Gesetze stammenden Gerechtigkeit ist aus Zion verloschen und
im Lande Zions aller Orten — siehe! Der Rauch der Ruchlosig-
keit ist darin.“
Damit ist das Symbol wie in der persischen Religion, deren
Vorstellungen vielleicht bei dieser neuen Deutung von Einfluß
gewesen sind, in die menschlich sittliche Sphäre hineingeführt
und im Judentum ein bemerkenswertes Gegenbild zu der griechi-
schen menschlichen Deutung des Symbols3 4 5 geschaffen. Dabei hat
der neue Gehalt das sinnlich warme Bild allegorisiert; aber gerade
diese Entsinnlichung des Bildes ist für die spätere christliche
Frömmigkeit von Bedeutung geworden4 5.
1 Übersetzung nach Ryssel bei Kautzsch, Alttestamentliche Apo-
kryphen und Pseudepigraphen II, 456. Vielleicht ist aber diese Stelle spätere
christliche Interpolation, da sie sich eng mit Apoc. Pauli 7 —10 dem Gehalt,
freilich nicht dem Bilde nach berührt. S. bei Kautzsch II, S. 447f.
2 67, 6; Übersetzung nach Ryssel bei Kautzsch, a.'a. O. S. 438.
3 Vgl. oben S. lOff.
4 Ich führe schon hier einzelne Belege an; in Hippolyts Kommentar zum
Hohenliede, der uns in syrischen und armenischen Fragmenten erhalten ist
(hrsg. von Bonwetsch in der Berliner Akademie-Ausgabe der Griechischen
Christlichen Schriftsteller, Bd. 1), heißt es zu 1,12 (S. 361): „Die Gerechtig-
keiten, welche die Menschen aufrichtigen Herzens tun, sie duften den Duft
des Wohlgeruchs; zu3, 6 (S. 368): „Gleich Ästen aber des Wohlgeruchs sind die
wohlriechenden Taten“; zu 4, 7: Die, welche ihren Leib ertöten, duften als-
dann wie der Weihrauch durch Gerechtigkeit; zu 4, 10 (S. 371): Wenn jemand
mit richtigem Herz und richtigem Glauben Gott kennt, dann duftet er vor
ihm besser als der allen Weihrauchs; zu4, 16 (S.374): „Die Winde werden wehen
und die Wasser werden durch den heiligen Geist fließen, darum werden die
Düfte der Würze der Gerechtigkeit duften“, Stellen aus Origenes s. S. 41
Anm. 4, und vgl. was unten S. 48ff. über den Duft der Märtyrer und S. 41 f.
über den Duft des heiligen Geistes gesagt ist.
5 Die Geschichte des Symbols in der rabbinischen Theologie zu ver-
folgen, würde hier zu weit führen. Sie führt zudem nicht über die gekenn-
zeichneten jüdischen Gedanken hinaus. Viel Material dazu findet sich bei
Schoettgen, Ilorae Hebraicae I, 683. Vgl. auch Kohut, Was hat die tal-
mudische Eschatologie aus dem Parsismus übernommen? Zeitschr. d. Dtsch.-
Morgenl. Gesellsch. XXI, 1867, S. 552—591, bes. S. 567.