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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0014
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14

Ernst Lohmeyer:

in diesen Beispielen nie auf das geläufige Bild von dem göttlichen
Dufte angespielt wird; es war für griechische Anschauung zu leiblich
gebunden und empfunden, um mit dem Gedanken der göttlichen
Begeisterung verknüpft zu werden. So begegnet das Symbol erst
dort wieder, wo der Anhauch der Gottheit äußere sinnliche Segnung
und Erweckung leiblicher Kraft und Schönheit schafft. — Nachdem
schon in den orphischen Hymnen einmal Hestia gegrüßt war
(Hymn. orpli. 84,8):
ολβον έπιπνείουσα. καί ήπιόχειρον ύγιείαν,
konnten römische Dichter bald Verschönerung1, bald Verjüngung2,
bald Gesundheit3 als Wirkung göttlichen Anhauches vorstellen.
Vergil schildert einmal, wie Aristäus zum Kampfe gegen Pro-
teus mit göttlicher Kraft und Behendigkeit· ausgerüstet wird
(Georg IV, 415ff.):
Haec ait [Cythere] et liquidum ambrosiae diffundit odorem
quo totum nati corpus perduxit; at illi
dulcis compositis spiravit crinibus aura
atque habilis membris viruit vigor4.
Die Unlebendigkeit der Anschauung, die zwischen Anhauch und
Salbung schwankt, ist nur ein erneuter Beweis für die Sinnen-
gebundenheit des Duftsymboles.
Eines bleibt, im Gegensatz zu der durch die Verbindung mit
dem Leben in der Natur vollzogenen Ausdeutung des Bildes, für
die Geltung der magisch begründeten Vorstellung bedeutsam:
Sie hat nur in einer fernen sagengeschichtlichen Unwirklichkeit
gelebt und nie das unmittelbare fromme Leben entzündet5.
1 Verg. Aen. I, 589.
2 Claud. 15, 208.
3 Claud. 29, 39.
4 Vgl. auch Aen. I, 588f.
5 Erwähnenswert ist, daß auch in Griechenland die Totensalbung üblich
war. Von Alexander d. Gr. Leichnam erzählt Diodor, 18, 26: κάτεσκευάσ·9·η
χρυσοΰν σφυρήλατον άρμόζον, καί τοΰτ’ άνά μέσον έπλήρωσεν άρωμάτων, των άμα
δυναμένων τήν εύωδίαν καί τήν διαμονήν παρέχεσ-8-αι τω σώματι. Ebenso bei
Charito I, 8, als die scheintote Kallirrhoe im Grabe erwacht : μόλις δέ άνεγειρο-
μένη στεφάνων προσήψατο καί ταινιών, ψόφον έποίει χρυσοϋ τε καί άργύρου · πολλή
δέ ήν άρωμάτων εύωδία. Aber der Salbenduft ist hier nicht wie z. B. in
Ägypten ein göttliches Zeichen; eine Verbindung mit dem Symbol vom
göttlichen Wohlgeruch scheint nicht zu bestehen. Vgl. auch S. Eitrem,
Opferritus und Voropfer, S. 212f.
 
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