Metadaten

Lenel, Otto; Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 1. Abhandlung): Zum sog. Gnomon des Idios logos — Heidelberg, 1920

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37768#0018
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
10

0. Lenel und J. Partsch:

2.
.ιας τάφους άκαταχρηματίστους [πω]λε[ΐν
ούδ]ενί εξόν ή μόνοις Ηωμαίοις. 6 γάρ θε[ός Ά]δρι[ανό]ς
είπεν μηδέν είναι παρά 'Ρωμαίοις [άκ]α[τ]αχ[ρημ]άτιστον.
Lateinisch:
. . . sepulchra άκαταχρημάτιστα1 vendere nemini licet
nisi solis Iiomanis. divns enim Hadrianus dixit nihil esse
apud Romanos άκαταχρημάτιστον.
Die Deutung des Texts bietet Schwierigkeiten. Άκαταχρημά-
τιστος bedeutet «unveräußerlich», überhaupt «unverfügbar». Nun
kennt das römische Recht unzweifelhaft Sachen, die kraft Rechtens
unveräußerlich sind — die res extra commercium nämlich —,
und insofern ist die Äußerung Hadrians ungenau. Allerdings aber
hat ein rechtsgeschäftliches Veräußerungsverbot nach römi-
schem Recht bekanntlich keine dingliche Wirkung, während es
heute wohl als sicher, mindestens als sehr wahrscheinlich gelten
kann, daß nach griechisch-ägyptischem Recht ein derartiges Verbot
durch Einregistrierung bei der βιβλιοθήκη έγκτήσεων dingliche
Wirkung erlangte.2 Insofern wäre also der Text ganz im Recht,
wenn er zwischen Römern und Nichtrömern unterscheidet. Allein
dieser Deutung scheint entgegenzustehen, daß gerade Gräber als
loca religiosa auch nach römischem Recht dinglich unveräußer-
lich waren. Jedermann werden beim Lesen unseres Textes sofort
die zahlreichen Inschriften einfallen, die die Veräußerung von
Gräbern meist unter Multanclrohung ausdrücklich verbieten3 * * *, also
die Möglichkeit einer Veräußerung vorauszusetzen scheinen.
Auch sie stehen in scheinbarem Widerspruch mit der anerkannten
Unveräußerlichkeit des locus religiosus. Man hat diesen Wider-
spruch auf mannigfache Weise zu lösen versucht, unter andenn
durch die Annahme, die Verbote hätten gar nicht die Veräußerung
des Grabes selbst, sondern die des ius sepulchri im Auge, das an
1 Wir glauben, daß dieses der ägyptischen Amtssprache vertraute Wort
auch im lateinischen Texte stand.
2 Vgl. hierzu die Ausführungen von P. M. Meyer zu P. Hamb. 14,15;
Mitteis, Grundzüge 149f.; Partsch bei Sethe-Partsch; Demotische Urkunden
zum Bürgschaftsrecht (demnächst erscheinend) 583.
3 Bruns, fontes7 I 377 f. Giorgi, Le multe sepolcrali (1910) 27 f. Da
die Sepulkralmulten in den senatorischen Provinzen und jedenfalls auch in
Ägypten meist dem Fiskus zufielen (G. Hirschfeld, Königsb.Studien 1,114f.),
so dürfte gerade dies der Gesichtspunkt sein, von dem aus die Unveräußer-
lichkeit der Gräber den Idiologus interessierte.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften