Metadaten

Ranke, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 4. Abhandlung): Das altaegyptische Schlangenspiel — Heidelberg, 1920

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37771#0028
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
28

H. Ranke:

durch dieses Spiel die Möglichkeit gegeben werden sollte, sich
einer gefürchteten Giftschlange, die den Namen Mhn trug, im
Jenseits zu erwehren. Der Mhn wird hier freilich nicht nur besiegt,
sondern auch getötet, und von seinen Zähnen, um die etwa gespielt
worden wäre, ist mit keinem Worte die Rede.
Trotzdem wird man die m/m-Schlange in diesen Brettspiel-
texten des n. R. und die mhn-Schlange des alten Schlangenspiel-
bretts nicht von einander trennen dürfen. Sie müssen in irgend
einem historischen Zusammenhang zu einander stehen.
Man könnte sich diesen Zusammenhang — unter allem Vor-
behalt — etwa so denken: Das alte ra/iw-Spiel ging um die Gift-
zähne des mhn, die der Tote der gefürchteten Schlange abzugewinnen
suchte. Gelang ihm das, so war er vor ihren Bissen sicher, und
sie war damit unschädlich gemacht. Einer späteren Zeit aber
genügte diese Lösung nicht. Waren dem mhn auch die Zähne
ausgebrochen, so lebte er. doch noch, und neue Zähne konnten ihm
nachwachsen. So erschien es zweckmäßiger, den mhn vollends zu
töten1 — und das wurde dann das Ziel des Spieles, wie es zu einer
späteren Zeit2 von dem außer Gebrauch gekommenen Schlangen-
brett auf das Brett mit den 30 quadratischen Feldern übertragen
worden ist.
Einen mhn im] sn.t, also eine „mhn-Schlange, die sich im
Spielbrett (mit den quadratischen Feldern) befindet“ erwähnt
übrigens auch eine nur aus einer unveröffentlichten Kopie des Bri-
tischen Museums bekannte Inschrift3, deren Kenntnis ich der,
Güte Spiegelbergs verdanke. Sie stammt von dem Bruchstück
eines Brettspielkastens (? ‘part of a box3) und lautet:
fsVÄ "Hüb
„ein Opfer, das der horizontische Idorus gibt und der herrliche
( ? spsj ?) Mhn im Spielbrett“4. —

1 Daß freilich der Mhn gerade durch Ertränken getötet wird, ist auf-
fallend — eine Schlange ertrinkt ja nicht, wenn man sie ins Wasser wirft!
Hier liegt also offenbar die Vorstellung einer menschenähnlichen Gottheit,
nicht die einer Schlange, zugrunde. — Übrigens scheinen auch die mit dem
Mhn zusammen ertrinkenden Spielsteine als lebendige Wesen gedacht zu sein.
2 Wann dies geschehen ist, läßt sich mit unserem heutigen Material
nicht näher angeben.
3 Nach den HAYschen Abschriften (Hay 29, 844 A).
4 Hier erscheint die mhn-Schlange allerdings nicht als Feind sondern
eher als Schutzgott des Brettspielbesitzers!
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften