Jugenderinnerungen Großherzog Friedrichs I. von Baden. XIII
und verderblich. Wie er sich die Reform im einzelnen gedacht hat,
spricht er nirgends näher aus. Fest steht nur soviel, daß ihm eine
Entscheidung im großdeutschen Sinne vorschwebt. Denn in dem
Verhältnis zu den beiden deutschen Großmächten ist er — die
Wiener Eindrücke wirken nach — in der Hauptsache damals doch
durchaus österreichisch orientiert, wenngleich er die reaktionäre
Bundespolitik Metternichs ablehnt. Eine preußische Hegemonie
kommt ihm nicht in den Sinn, seine Abneigung gegen diesen Staat
verrät sich aus verschiedentlichen Äußerungen. Die Ausweisung
Itzsteins und Heckers aus Preußen, die im Jahre 1845 viel Staub
aufwirbelt, empört ihn als ein Gewaltakt, der jedes triftigen Grundes
entbehre, und allem Völkerrecht widerstreite; er hält es, wenn er auch
die Ansichten der Beiden keineswegs teile, für eine Pflicht der badi-
schen Regierung, sie in Schutz zu nehmen1. Und die preußische Ver-
fassung, wie er das königliche Patent vom 3. Februarl847 bezeichnet,
enttäuscht ihn ,,da sie so gut wie gar keine ist, und man allen groß-
artigen Versprechungen zufolge überall mehr erwartete“. Seine
Stellung beginnt sich erst später, nach dem Maiaufstand von 1849
zu ändern: „Wir müssen uns, so gesteht er im November d. J.
seiner Schwester Alexandrine2, nun da anschließen, wo es bisher
gegen unser Interesse war“. Nicht nur ,,im Gefühl der Dankbar-
keit“, wie er meint, sondern sicherlich auch, weil er in demAnschlusse
eine politische Notwendigkeit erkennt. Aber an dem Gedanken, daß
eine gemeinsame Lösung der deutschen Frage durch Österreich und
Preußen möglich und zu erstreben sei, hält er noch über ein Jahr-
zehnt hinaus fest.
Mit dem Frühjahr 1847 brechen, wie oben bemerkt, die
Aufzeichnungen des Großherzogs über seine Jugend ab; des
Karlsruher Theaterbrandes, der ihn tief erschüttert, wird nicht
mehr gedacht. Noch ist die Zeit der Lehre und Vorbereitung des
Prinzen nicht abgelaufen. Das Bonner Studiensemester, ein Aufent-
halt in Berlin und England, den er plant, sollen sie abschließen.
Aber gewisse Grundzüge seines Wesens, gewisse Grundlinien seiner
Anschauungen treten klar zutage, die Fortschritte einer glücklichen
Entwicklung, in der eine Bürgschaft für seine und seines Landes
Zukunft liegt, sind unverkennbar. Wie hoch Prinz Friedrich von
den Aufgaben des Amtes denkt, zu dem er an des Bruders Stelle
1 An Ludwig, 20. Juni 1845.
2 In einem für die Anschauungen des Prinzen auch sonst mehrfach
bezeichnenden Schreiben an Alexandrine vom 30. November 1849.
und verderblich. Wie er sich die Reform im einzelnen gedacht hat,
spricht er nirgends näher aus. Fest steht nur soviel, daß ihm eine
Entscheidung im großdeutschen Sinne vorschwebt. Denn in dem
Verhältnis zu den beiden deutschen Großmächten ist er — die
Wiener Eindrücke wirken nach — in der Hauptsache damals doch
durchaus österreichisch orientiert, wenngleich er die reaktionäre
Bundespolitik Metternichs ablehnt. Eine preußische Hegemonie
kommt ihm nicht in den Sinn, seine Abneigung gegen diesen Staat
verrät sich aus verschiedentlichen Äußerungen. Die Ausweisung
Itzsteins und Heckers aus Preußen, die im Jahre 1845 viel Staub
aufwirbelt, empört ihn als ein Gewaltakt, der jedes triftigen Grundes
entbehre, und allem Völkerrecht widerstreite; er hält es, wenn er auch
die Ansichten der Beiden keineswegs teile, für eine Pflicht der badi-
schen Regierung, sie in Schutz zu nehmen1. Und die preußische Ver-
fassung, wie er das königliche Patent vom 3. Februarl847 bezeichnet,
enttäuscht ihn ,,da sie so gut wie gar keine ist, und man allen groß-
artigen Versprechungen zufolge überall mehr erwartete“. Seine
Stellung beginnt sich erst später, nach dem Maiaufstand von 1849
zu ändern: „Wir müssen uns, so gesteht er im November d. J.
seiner Schwester Alexandrine2, nun da anschließen, wo es bisher
gegen unser Interesse war“. Nicht nur ,,im Gefühl der Dankbar-
keit“, wie er meint, sondern sicherlich auch, weil er in demAnschlusse
eine politische Notwendigkeit erkennt. Aber an dem Gedanken, daß
eine gemeinsame Lösung der deutschen Frage durch Österreich und
Preußen möglich und zu erstreben sei, hält er noch über ein Jahr-
zehnt hinaus fest.
Mit dem Frühjahr 1847 brechen, wie oben bemerkt, die
Aufzeichnungen des Großherzogs über seine Jugend ab; des
Karlsruher Theaterbrandes, der ihn tief erschüttert, wird nicht
mehr gedacht. Noch ist die Zeit der Lehre und Vorbereitung des
Prinzen nicht abgelaufen. Das Bonner Studiensemester, ein Aufent-
halt in Berlin und England, den er plant, sollen sie abschließen.
Aber gewisse Grundzüge seines Wesens, gewisse Grundlinien seiner
Anschauungen treten klar zutage, die Fortschritte einer glücklichen
Entwicklung, in der eine Bürgschaft für seine und seines Landes
Zukunft liegt, sind unverkennbar. Wie hoch Prinz Friedrich von
den Aufgaben des Amtes denkt, zu dem er an des Bruders Stelle
1 An Ludwig, 20. Juni 1845.
2 In einem für die Anschauungen des Prinzen auch sonst mehrfach
bezeichnenden Schreiben an Alexandrine vom 30. November 1849.