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Friedrich; Obser, Karl [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 1. Abhandlung): Jugenderinnerungen Großherzog Friedrichs I. von Baden: 1826 - 1847 — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37792#0028
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Karl Obser:

der Trauerteier gehalten werden Und wurden daher zu der Ur-
großmutter gebracht; bei ihr blieben wir, bis der grobe Trauer-
zug hiit Fackeln die Stadt verlassen hatte, aber noch deutlich steht
es vor mir, wie die kindliche Neugierde uns immer wieder an die
Fenster führte und der mächtige Fackelschein wunderbar unsere
Phantasie erregte. Das liebevolle Wesen unserer Urgroßmutter
wußte uns dergestalt zu fesseln, daß die Stunden, welche wir
bei ihr zubringen durften, für uns immer eine rechte Freude
waren.
Die schönsten Zeiten für uns kamen stets mit dem Frühling,
wenn die Markgräfin das kleine Haus im Erbprinzengarten —
hinter dem späteren Sammlungsgebäude — bezog und wir uns
dort frei bewegen konnten. Sie wohnte dort manchmal während
mehrerer Wochen, jeweils bevor sie nach Rohrbach oder Bruch-
sal übersiedelte.
Auch nach Bruchsal wurden wir oft. zum Besuch der Fürstin
mitgenommen, bei der wir einen großen Teil der älteren Familie
trafen. Zu den Gästen, denen wir dort begegneten, zählten das
bayrische Königspaar mit seinen Töchtern, der nachmaligen Kö-
nigin Marie von Sachsen, der Erzherzogin Sophie von Österreich
und der späteren Königin Elisabeth von Preußen, der Erbgroß-
herzog Ludwig von Hessen mit seiner Gemahlin, einer Tochter
der Markgräfin, und die Prinzen Karl und Emil von Hessen, die
Herzoge Karl und Wilhelm von Braunschweig, sowie die Ge-
schwister meiner Mutter, Prinz Gustav Wasa und die Prinzes-
sinnen Amalie und Cäcilie von Schweden.
Aus Bruchsal stammt auch meine älteste Erinnerung an
meinen Onkel, den Markgrafen Maximilian, der damals noch dort
in Garnison stand.
Aus unserem Familienleben in dem Markgräflichen Palais
zu Karlsruhe will ich nachholend bemerken, daß meine Mutter
die Zimmer bewohnte, welche später die Markgräfin Elisabeth,
und mein Vater nach der Gartenseite diejenigen, welche später-
hin Markgraf Wilhelm innehatte. Meine Schwester Alexandrine
wohnte in den Räumen unter meiner Mutter, wir Brüder in dem
Nebenhause in der Spitalstraße, das jetzt nicht mehr zum Palais
gehört. Hofdame bei meiner Mutter war Fräulein Wilhelmine
von Wöllwarth und Gouvernante bei meiner Schwester Fräulein
Adele Gerlach.
Der Großherzog Ludwig kam in den letzten Jahren seiner
 
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