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Friedrich; Obser, Karl [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 1. Abhandlung): Jugenderinnerungen Großherzog Friedrichs I. von Baden: 1826 - 1847 — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37792#0145
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Jugenderinnerungen Großherzog Friedrichs l. von Baden.

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Seebäder nicht zufrieden waren und ein längeres Verbleiben
in Karlsruhe für seine Gesundheit als durchaus schädlich er-
achteten. Allmählich schien doch die Überzeugung durchzu-
dringen, daß zur Beseitigung des Übels und zu völliger Ge-
nesung ernste Maßregeln notwendig seien. Es wurde viel hin
und her überlegt, besprochen Und beraten, und hierbei auch
mein stets wiederholter Wunsch, Fachärzte zu konsultieren, zwar
erwogen, aber leider nicht erfüllt. Man schlug abermals einen
Mittelweg ein und beschloß für meinen Bruder eine Beise nach
dem Süden, womit ein Lieblingswunsch desselben, das südliche
Frankreich und Italien kennen zu lernen, erfüllt wurde. Zu
seiner Begleitung wurden wiederum Major Ludwig und Oberarzt
Dr. Volz, an Stelle des Hauptmanns v. Marschall aber der Ober-
leutnant Edmund v. Degenfeld vom Dragonerregiment v. Freystedt
bestimmt. Die Abreise meines Bruders erfolgte am 16. November,
und mein Vater und ich gaben ihm das Geleite bis Straßburg.
Über den Verlauf der Beise und über ihren Erfolg werde ich
mich im späteren Verlauf dieser Aufzeichnungen aussprechen.1

1 Auch dazu ist es nicht mehr gekommen; das Manuskript bricht früher
ab. Die Reise wurde bis Neapel ausgedehnt; die Rückkehr erfolgte im März
1847. Die Briefe des Erbgroßherzogs an den Vater und Bruder, die noch die
ihm eigene Flüssigkeit und Lebendigkeit .der Schilderung zeigen, sind erfüllt
von den Eindrücken, die der Süden mit seinen wechselnden Erscheinungen
auf ihn ausübten; ein offener, .empfänglicher Sinn für alles Schöne in Natur
und Kunst spricht aus ihnen. ..Vergeblich wird man darin nach Spuren geistiger
Störung suchen. Aber aus den Berichten der Begleiter erkennt man doch nach
mancherlei Anzeichen, daß die Krankheit weiterhin ihre Fortschritte machte
und die Reise, insofern sie eine Besserung durch geistige Ablenkung erstnebeni
wollte, ihren Zweck völlig verfehlte. Schon im Januar drängte Major Ludwig
nach allerhand besorglichen Zwischenfällen auf baldige Rückkehr und be-
zeichnete die weitere Verzögerung einer ernsthaften ärztlichen Behandlung als
unverantwortlich. Erst den vereinigten Bemühungen des Prinzen Friedrich und
Berckbeims gelang es. nach der Heimkehr des Erbgroßherzogs den Großherzog
zu bestimmen, daß der Kranke nach Aubach, in der Nähe der Illenau, verbracht
wurde, wo man ihm den Assistenzarzt Dr. Hergt, späteren Nachfolger Rollers,
als ärztlichen Begleiter beigab. Aber auch in Aubach ergaben sich bald
Schwierigkeiten. In einem von innigster Bruderliebe und tiefem Pflichtgefühle
diktierten ergreifenden Schreiben wandte sich daher Prinz Friedrich Mitte
August 1847 an den Vater, um ihm die Augen zu öffnen über die völlig ver-
fehlte Behandlung des armen Leidenden,, für die er den persönlichen Ehrgeiz
des Hofrats Guggert verantwortlich machte, der dem Vater immer nur zu Ge-
fallen rede und. die sachgemäßen Anordnungen der Illenauer Ärzte ständig durch-
kreuze. Diesen Umtrieben müsse, wenn überhaupt noch etwas zu retten sei,
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