Jugenderinnerungen Großherzog Friedrichs 1. von Baden. 123
sollte. Diesen Bestrebungen gegenüber stand eine konservative
Partei, welche sich nur schwer in die neuen Anschauungen
zu finden wußte Und das Ungeschick hatte, stets Prinzipien-
fragen aufzuwerfen, welche den Widerstreit sowohl der liberalen,
als insbesondere der radikalen Partei hervorriefen. Diese letztere
benützte mit Geschick jede Gelegenheit, um solche Streitigkeiten
so auszubeuten, daß die ganze öffentliche Meinung davon er-
füllt war und sich dafür interessieren mußte, da stets Gier
Schein erweckt wurde, als wolle die Regierung die Rechte der
Volksvertretung beeinträchtigen.
Schon bald nachdem das neue Ministerium seine Tätigkeit
begonnen hatte, war deutlich zu erkennen, daß der öffentliche
Jubel über die eingetretene Veränderung in einen starken Man-
gel an Vertrauen umschlug. Die Opposition in der Kammer
verfolgte nunmehr das Ziel einer Erneuerung des Gesamtmini-
steriums, und so wurden denn die älteren Minister, besonders
Regenauer, Jolly und v. Freydorf, Gegenstand der heftigsten
Angriffe seitens der radikalen Partei.1 Ihre Führer waren da-
mals v. Itzstein, Hecker, Brentano, Fickler, Kapp und einige
untergeordnete Persönlichkeiten. Diesen gegenüber stand eine
gemäßigtere liberale Partei, deren Hauptvertreter Welker, Bader,
Math'y, Soiron, Bassermann, Buhl und Dennig waren. Eine mehr
konservative Richtung vertraten die Abgeordneten Trefurt, Völker,
Buß, Hübsch, Fauth, Duttlinger und Schaaf. Der Winter 1846/47
brachte schon allerhand Anzeichen einer größeren politischen
Bewegung, eröffnete aber auch die bedauerliche Aussicht, daß
die Regierung einer solchen nicht gewachsen sein würde. Wie
ich schon oben erwähnte, fand ich im Verkehr mit den ver-
schiedensten gesellschaftlichen Kreisen Gelegenheit, mich von
dem wirklichen Stande der Dinge und von den Strömungen
der öffentlichen Meinung zu unterrichten. Eine Wahrnehmung
von tiefer und weittragender Bedeutung erfüllte mich dabei mehr
und mehr mit Besorgnis für den weiteren Fortgang der nationalen
und allgemeinen politischen Bewegung; esl war die Wahrnehmung,
daß in :den höchsten Kreisen der Regierung der Gedanke an
eine Umgestaltung und Verbesserung unserer nationalen Ver-
hältnisse kein warmes Verständnis fand. Während auf der einen
1 Regenauer Und Freydorf traten im März 1848, Jolly schon im April 1847
zurück.
sollte. Diesen Bestrebungen gegenüber stand eine konservative
Partei, welche sich nur schwer in die neuen Anschauungen
zu finden wußte Und das Ungeschick hatte, stets Prinzipien-
fragen aufzuwerfen, welche den Widerstreit sowohl der liberalen,
als insbesondere der radikalen Partei hervorriefen. Diese letztere
benützte mit Geschick jede Gelegenheit, um solche Streitigkeiten
so auszubeuten, daß die ganze öffentliche Meinung davon er-
füllt war und sich dafür interessieren mußte, da stets Gier
Schein erweckt wurde, als wolle die Regierung die Rechte der
Volksvertretung beeinträchtigen.
Schon bald nachdem das neue Ministerium seine Tätigkeit
begonnen hatte, war deutlich zu erkennen, daß der öffentliche
Jubel über die eingetretene Veränderung in einen starken Man-
gel an Vertrauen umschlug. Die Opposition in der Kammer
verfolgte nunmehr das Ziel einer Erneuerung des Gesamtmini-
steriums, und so wurden denn die älteren Minister, besonders
Regenauer, Jolly und v. Freydorf, Gegenstand der heftigsten
Angriffe seitens der radikalen Partei.1 Ihre Führer waren da-
mals v. Itzstein, Hecker, Brentano, Fickler, Kapp und einige
untergeordnete Persönlichkeiten. Diesen gegenüber stand eine
gemäßigtere liberale Partei, deren Hauptvertreter Welker, Bader,
Math'y, Soiron, Bassermann, Buhl und Dennig waren. Eine mehr
konservative Richtung vertraten die Abgeordneten Trefurt, Völker,
Buß, Hübsch, Fauth, Duttlinger und Schaaf. Der Winter 1846/47
brachte schon allerhand Anzeichen einer größeren politischen
Bewegung, eröffnete aber auch die bedauerliche Aussicht, daß
die Regierung einer solchen nicht gewachsen sein würde. Wie
ich schon oben erwähnte, fand ich im Verkehr mit den ver-
schiedensten gesellschaftlichen Kreisen Gelegenheit, mich von
dem wirklichen Stande der Dinge und von den Strömungen
der öffentlichen Meinung zu unterrichten. Eine Wahrnehmung
von tiefer und weittragender Bedeutung erfüllte mich dabei mehr
und mehr mit Besorgnis für den weiteren Fortgang der nationalen
und allgemeinen politischen Bewegung; esl war die Wahrnehmung,
daß in :den höchsten Kreisen der Regierung der Gedanke an
eine Umgestaltung und Verbesserung unserer nationalen Ver-
hältnisse kein warmes Verständnis fand. Während auf der einen
1 Regenauer Und Freydorf traten im März 1848, Jolly schon im April 1847
zurück.