Ein Versuch, Leopold Ranke nach Heidelberg zu berufen.
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2000 Talern und die „höchsten Ehren, welche irgend ein anderer
Professor in Heidelberg genieße“. Da Schlosser damals nur ein
Gehalt von 1800 Gulden bezog1 und da die Regierung wohl nicht ge-
neigt war, dem so viel jüngeren Berliner Professor den Titel eines
Geheimrats zweiter Klasse, den jener führte, gleich bei seiner Be-
rufung zu verleihen, so sah sie angesichts dieser Forderungen Rankes,
die ihr als eine „Anmaßung“ erschienen, von weiteren Schritten
in Berlin ab. Auch auf Unterhandlungen mit Dahlmann ließ sie
sich nicht ein: nachdem dieser tapfere Vorkämpfer des von dem
Könige Ernst August schnöde gebrochenen Rechtes eben im Anfang
des Jahres 1839 die Gutachten der Universitäten Jena, Heidel-
berg und Tübingen in der hannoverschen Verfassungsfrage heraus-
gegeben und mit eigenen kräftigen Worten begleitet hatte, glaubte
sie, wie Büchler sich ausdrückte, auf seine Wahl nicht weiter
reflektieren zu können, so sehr ihm auch dieser alle wünschens-
werten Eigenschaften für einen Lehrer der historischen Wissen-
schaften in sich zu vereinigen schien2. Sie wandte sich nun zunächst
an Stenzel unter Zurückstellung der Bedenken, die Büchler
anfänglich gegen diesen wegen seines Alters gehegt hatte, und die
in der Tat wenig bedeuteten, da Stenzel ja nur drei Jahre älter
war als Ranke. Aber auch dieser, der zunächst nicht abgeneigt
gewesen zu sein scheint, dem Rufe zu folgen3, lehnte schließlich
ab4. Nun dachte Büchler daran, mit Heinrich Leo, Rankes
1 Bei seinem Tode hatte er ein Gehalt von 2200 Gulden; aber er war
erst 1841 durch eine Zulage von 400 Gulden zu diesem Gehalte gelangt.
2 Wenn Büchler der „Referent“ ist, von dem in einem Briefe Schlos-
sers an Stenzel (Auszug bei K. G. W. Stenzel, Gustav Adolf Harald Stenzeis
Leben, Gotha 1897, S. 319) die Rede ist, so hatte Büchler selbst Dahl-
manns Berufung beantragt, aber die „schmutzige“ Antwort erhalten, „daß
diese Berufung der Stadt und den Professoren nicht angenehm sein würde,
„weil dann circa 50 Hannoveraner Weggehen müßten“. Der Brief soll nach
Stenzeis Leben S. 318 im März 1839 geschrieben sein; aber dies Datum muß
auf einem Irrtum beruhen; die Verhandlungen der badischen Regierung mit
Stenzel, von denen oben im Text die Rede ist und die dem Briefe schon
vorausgegangen waren, haben erst im Winter 1839/1840 stattgefunden.
3 Wenigstens hatte er sich bei Schlosser nach den Heidelberger Ver-
hältnissen erkundigt, Stenzeis Leben S. 318.
4 Er erhielt von der preußischen Regierung eine Zulage von 300 Talern.
Über die Motive seiner Ablehnung vgl. Stenzeis Leben S. 320. Die Breslauer
Studentenschaft brachte ihm wegen dieser Ablehnung und zugleich aus An-
laß seines 25jährigen Doktorjubiläums am 7. Februar 1840 einen großen
Fackelzug.
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2000 Talern und die „höchsten Ehren, welche irgend ein anderer
Professor in Heidelberg genieße“. Da Schlosser damals nur ein
Gehalt von 1800 Gulden bezog1 und da die Regierung wohl nicht ge-
neigt war, dem so viel jüngeren Berliner Professor den Titel eines
Geheimrats zweiter Klasse, den jener führte, gleich bei seiner Be-
rufung zu verleihen, so sah sie angesichts dieser Forderungen Rankes,
die ihr als eine „Anmaßung“ erschienen, von weiteren Schritten
in Berlin ab. Auch auf Unterhandlungen mit Dahlmann ließ sie
sich nicht ein: nachdem dieser tapfere Vorkämpfer des von dem
Könige Ernst August schnöde gebrochenen Rechtes eben im Anfang
des Jahres 1839 die Gutachten der Universitäten Jena, Heidel-
berg und Tübingen in der hannoverschen Verfassungsfrage heraus-
gegeben und mit eigenen kräftigen Worten begleitet hatte, glaubte
sie, wie Büchler sich ausdrückte, auf seine Wahl nicht weiter
reflektieren zu können, so sehr ihm auch dieser alle wünschens-
werten Eigenschaften für einen Lehrer der historischen Wissen-
schaften in sich zu vereinigen schien2. Sie wandte sich nun zunächst
an Stenzel unter Zurückstellung der Bedenken, die Büchler
anfänglich gegen diesen wegen seines Alters gehegt hatte, und die
in der Tat wenig bedeuteten, da Stenzel ja nur drei Jahre älter
war als Ranke. Aber auch dieser, der zunächst nicht abgeneigt
gewesen zu sein scheint, dem Rufe zu folgen3, lehnte schließlich
ab4. Nun dachte Büchler daran, mit Heinrich Leo, Rankes
1 Bei seinem Tode hatte er ein Gehalt von 2200 Gulden; aber er war
erst 1841 durch eine Zulage von 400 Gulden zu diesem Gehalte gelangt.
2 Wenn Büchler der „Referent“ ist, von dem in einem Briefe Schlos-
sers an Stenzel (Auszug bei K. G. W. Stenzel, Gustav Adolf Harald Stenzeis
Leben, Gotha 1897, S. 319) die Rede ist, so hatte Büchler selbst Dahl-
manns Berufung beantragt, aber die „schmutzige“ Antwort erhalten, „daß
diese Berufung der Stadt und den Professoren nicht angenehm sein würde,
„weil dann circa 50 Hannoveraner Weggehen müßten“. Der Brief soll nach
Stenzeis Leben S. 318 im März 1839 geschrieben sein; aber dies Datum muß
auf einem Irrtum beruhen; die Verhandlungen der badischen Regierung mit
Stenzel, von denen oben im Text die Rede ist und die dem Briefe schon
vorausgegangen waren, haben erst im Winter 1839/1840 stattgefunden.
3 Wenigstens hatte er sich bei Schlosser nach den Heidelberger Ver-
hältnissen erkundigt, Stenzeis Leben S. 318.
4 Er erhielt von der preußischen Regierung eine Zulage von 300 Talern.
Über die Motive seiner Ablehnung vgl. Stenzeis Leben S. 320. Die Breslauer
Studentenschaft brachte ihm wegen dieser Ablehnung und zugleich aus An-
laß seines 25jährigen Doktorjubiläums am 7. Februar 1840 einen großen
Fackelzug.