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Sillib, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 3. Abhandlung): Zur Geschichte der großen Heidelberger (Manesseschen) Liederhandschrift und anderer Pfälzer Handschriften — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37798#0004
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Rudolf Sillib:

und mit ihr die letzten Reste der pfälzisch-simmernschen Bibliothek
in Flammen aufgingen, nicht mehr nachweisen. Nur in den Be-
ständen der Kasseler Landesbibliothek können auf Grund des
Begerschen Kataloges wenigstens einzelne wertvolle Stücke als
pfälzische festgestellt werden, auch diese nicht völlig einwandsfrei,
da die Katalogisierung durch Beger mangelhaft und unvollständig
in der Eile und nur nach lokalen Gesichtspunkten, wie sich die
Bücher auf dem Schlosse gerade vorfanden, erfolgt ist.
Unter Lit. Z. des Beger sehen Kataloges, wo die meisten,
übrigens größtenteils dem 17. Jahrhundert angehörigen Hand-
schriften verzeichnet sind, erscheint ,,in Quarto: Henrici VIÜ lieder
Buch Msc. auff Pergament“, dem Alrert Duncker eine besondere
Untersuchung schon gewidmet hat3. Daß Duncker in diesem
Liederbuch zunächst unsere große Heidelberger Liederhandschrift
wiedererkannt hat, daran halten auch wir fest; nur mit Vorbehalten
folgen wir seinen weiteren Ausführungen: „Wieviel die flüchtige
Familie Friedrichs V. [im Jahr 1622] von ihren handschriftlichen
Schätzen zu retten vermochte, dürfte kaum zu beantworten sein.
Eine größere Anzahl von Seltenheiten war es schwerlich. Aber daß
sich unter ihnen die schöne Handschrift der deutschen Minnesänger
befand, ist um so wahrscheinlicher, als diese nach ihrer Erwerbung
durch den Kurfürsten Friedrich IV. im Jahre 1607 nicht der Hof-
bibliothek einverleibt worden, sondern bei den zum Privatbesitz
des Fürstenhauses gehörigen Kostbarkeiten aufbewahrt worden zu
sein scheint. Das Dunkel, welches über ihren Verbleib nach der
Entthronung des Winterkönigs ruht, erstreckt sich über die Zeit
von 1622 — 1697. Im letztgenannten Jahre entnahm ihr der Däne
Friedrich Rostgaard zu Paris eine Abschrift für die Kopen-
hagener Bibliothek.“ Demgemäß glaubte Duncker, die Hand-
schrift sei innerhalb der Jahre 1686, wo sie noch in dem von Beger
geschriebenen Katalog erscheint, aber nicht nach Kassel gelangt ist,
und 1697 nach Paris gebracht worden. Die Irrigkeit seiner An-
nahme beweist ein nachher von ihm selbst veröffentlichter Brief
Leopold Delisles „über die Erwerbung der Pariser Liederhand-
schrift durch die französische Nationalbibliothek“, aus dem ein-
wandfrei hervorgeht, daß laut Protokoll vom 4. Juli 1657 mit den
anderen Büchern der Brüder Dupu y auch die „Paraeneses variorum
et cantilenae amatoriae scriptae ante CCCC annos, lingua theu-
tonica cum variis figuris, folio“ in den Besitz der bibliotheque du
roi übergegangen sind4.
 
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