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Sillib, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 3. Abhandlung): Zur Geschichte der großen Heidelberger (Manesseschen) Liederhandschrift und anderer Pfälzer Handschriften — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37798#0003
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Es sind 600 Jahre her, daß die große Heidelberger Lieder-
handschrift, in Zürich von kunstbegeistertem Geschlecht betreut,
entstanden, und 300 Jahre sind vergangen, seitdem dies Kleinod
der mittelhochdeutschen Dichtung Heidelberg, dem Ort, wo es die
Pfalzgrafen bei Rhein auf ihrem Schloß als köstlichsten Besitz
bewahrt, entfremdet worden ist. Erst vor wenigen Jahrzehnten
konnte die Handschrift nach mancherlei Wanderungen, im Jahre
1888, in ihre Heimat am Neckar zurückgeführt werden. Wie für
die Bibliotheca Palatina insgesamt war auch für unsere Hand-
schrift 1622 eines ihrer schicksalschwersten Jahre. Entgegen der
Annahme Zangemeisters, dem wir im übrigen die wertvollsten
Beiträge zur Geschichte der großen Heidelberger Liederhandschrift
verdanken1, glauben wir aber nicht, daß der Codex mit der Palatina
1623 von Leone Allacci den Weg über die Alpen nach dem Vatikan
geführt worden, sondern daß er nicht auf diesem Umweg 1657
nach Paris in die Bibliotheque du roi gelangt ist.
Zum letzten Male erscheint unsere Handschrift in pfälzischen
Katalogen im Jahr 1686, in dem Verzeichnis, das nach dem Tod
des letzten Pfalz-Simmernschen Kurfürsten Karl wegen der Erb-
teilung durch den Bevollmächtigten des Herzogs von Orleans,
Fremyn de Moruas, angefordert und in großer Eile von dem kur-
fürstlichen Bibliothekar Lorenz Beger und einigen Gehilfen
niedergeschrieben wurde2. Übersieht man den Katalog, so ergibt
sich zweifellos, daß er nur die Bestände der Heidelberger Schloß-
bibliothek, nicht etwa auch solche der durch Kurfürst Karl Ludwig
nach dem Westfälischen Frieden wiederbegründeten Universitäts-
bibliothek enthält. Die Verteilung unter die Erbberechtigten erfolgte
in der Weise, daß ein kleinerer Teil, vornehmlich die pfälzische
Literatur, in Heidelberg dem Nachfolger in der Kur, Philipp
Wilhelm, verblieb, ein anderer gleichfalls wenig umfangreicher der
Schwester des Kurfürsten Karl, der Herzogin Elisabeth Charlotte
von Orleans zufiel, während weitaus die meisten Bücher an den
Landgrafen Karl von Hessen-Kassel gelangten. Wie die Verteilung
im einzelnen vorgenommen wurde, läßt sich, namentlich nachdem
im Jahre 1693 mit dem Schlosse auch die pfälzische Hofbibliothek

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