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Ritter, Gerhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 4. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 1: Marsilius von Inghen und die okkamistische Schule in Deutschland — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37794#0025
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Studien zur Spätscholastik. I.

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geschickt hätte. Der Wortlaut dieser Mitteilung1 schließt nicht
aus, daß Marsilius Kenntnis hatte von den monatelangen Bemü-
hungen einer kaiserlichen Gesandtschaft unter Konrad von Wesel,
die päpstliche Approbation für Wenzel zu erlangen. Die Herren
hatten ihre 40000 Gulden Kaufsumme vorschnell an Gregor XI.
ausgegeben und saßen seit der Neuwahl mit leeren Händen da;
von Urban noch im Juni in schroffstem Tone abgewiesen, waren
sie zum Teil abgereist, während der Führer sich zu den dissen-
tierenden Kardinälen nach Anagni begeben hatte und erst in der
höchsten Bedrängnis des Papstes, als Urban von den meisten Kar-
dinälen verlassen war, nach Tivoli zurückgerufen wurde. Die eilige
und notgedrungen formlose Art, in der nunmehr Urban die Appro-
bation dem Gesandten Konrad von W esel geradezu aufnötigte, ohne
das Eintreffen der früher von ihm verlangten feierlichen Gesandt-
schaft abzuwarten, fiel auch andern Beobachtern auf2. Falls unser
Professor mit den deutschen Gesandten schon in Rom Verbindung
angeknüpft hat, wird er vielleicht auch den gelehrten Bischof
Eckard von Dersch kennen gelernt haben, der später bei der Grün-
dung der Heidelberger Universität eine so erhebliche Rolle spielen
sollte3.
Für seine Biographie ist schon die Tatsache interessant, daß
er es vorzog, nicht mit Wilhelm von Oesterzeele nach Anagni,
sondern mit Urban VI. nach Tivoli zu gehen. Das Verhalten der
verschiedenen Nuntien der Pariser Universität macht es überhaupt
wahrscheinlich, daß sie schon frühzeitig den politischen Charakter
der Opposition gegen Urban durch alle Vertuschung hindurch-
fühlten: Italien stand auf Seite Urbans, der deutsche König ver-
handelte mit ihm als rechtmäßigem Papste und entfaltete sofort
nach Bekanntwerden der Spaltung des Kardinalskollegiums eine
1 Chart. III, 554; Papa lieri publice in consistorio confirmavit elec-
tionem jactam de rege Almanorum per electores et ipsum pronunciavit futurum
imperatorem, quamvis ex parle imperatoris nulli ambassiatores pro illo fuerint
missi. Das pro illo könnte sich auf den feierlichen Akt der Approbation allein
beziehen. S. d. Folgende.
2 Steinherz, p. 616 — 619 nach dem Bericht Konrads von Wesel (bei
Gay et II, 179 — 181). Übrigens handelte es sich vorerst nur um eine münd-
liche Approbation, während Urban mit der Approb.-Urkunde noch weiter
Schacher trieb.
3 Nach Steinherz p. 611 traf Eckard bereits Mitte Juni wieder bei
Karl IV. ein. Vgl. auch D. R. T. A. I. nr. 85 und danach Wiemann, der
indessen das Zusammentreffen mit M. v. I. nicht erkennt.
 
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