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Ritter, Gerhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 4. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 1: Marsilius von Inghen und die okkamistische Schule in Deutschland — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37794#0045
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II. TEIL.

Historische Bedeutung der Schriften.
Eine eingehende Analyse der Schriften desMarsilius vonlnghen,
soweit sie im Interesse der geschichtlichen Erkenntnis notwendig
sein sollte, muß ich mich bescheiden, der Spezialforschung zu über-
lassen. Wer den Stand der Vorarbeiten auf dem Gebiete der Ge-
schichte der spätscholastischen Philosophie, die Sprödigkeit und
den Umfang des in Frage kommenden Materials kennt, der weiß,
daß derartige Aufgaben nicht ohne ausgiebige und spezielle Fach-
kenntnisse zu erledigen sind. Hier soll nur der Versuch gemacht
werden, gewisse deutlicher erkennbare Gesichtspunkte heraus-
zuarbeiten und dadurch die historische Stellung unseres Philo-
sophen im Rahmen der geistigen Bewegung seiner Tage näher zu
bestimmen.
Es ist denn auch weniger der geistige Eigengehalt dieses
wissenschaftlichen Lebenswerkes als solcher, der seine Betrachtung
notwendig macht, als seine höchst interessante geistesgeschicht-
liche Stellung und seine tatsächliche Wirkung auf Zeitgenossen
und Spätere. Nicht immer üben die Neuschöpfer die stärkste
historische Wirkung in die Breite aus; oft sind ihre Nachtreter
und Vermittler in höherem Grade dazu berufen. Gerade das Mittel-
alter bietet Beispiele dieser Art: Hieronymus, den Lombarden,
Petrus Hispanus und noch manchen anderen. Eine ähnliche Stel-
lung wie der letztgenannte scheint Marsilius für die Entwicklung
der logischen Disziplin an deutschen Universitäten gewonnen zu
haben. Schon das unten aufgestellte Verzeichnis der Handschriften
und Drucke läßt die starke Verbreitung seiner logischen Hand-
büchlein in Deutschland erkennen. Würden einmal sämtliche auf
deutschen Bibliotheken erhaltenen anonymen Traktate über die
Künste der log ca moderna auf ihre Herkunft untersucht, so müßte
die Bedeutung dieser Schulbücher unseres Philosophen noch unge-
mein deutlicher heraustreten. In Heidelberg hat er den logischen
und physikalischen Unterricht der via moderna bis in das 16. Jahr-
hundert bestimmt; die Statuten der Artisten schreiben noch um
 
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