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Ritter, Gerhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 4. Abhandlung): Studien zur Spätscholastik, 1: Marsilius von Inghen und die okkamistische Schule in Deutschland — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37794#0044
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Gerhard Ritter:

sators zu erkennen meinen. Die vielfache Empfänglichkeit für alle
Zweige des Wissens seiner Zeit setzt in Erstaunen. In der Tat hat
keiner seiner Pariser Studiengenossen sich mit solcher Gleich-
mäßigkeit wie er über alle Gebiete philosophisch-theologischer
Bildung verbreitet. Es war von großer Bedeutung, daß dieser
Mann berufen wurde, eine neue Epoche akademischer Bildung in
Deutschland eröffnen zu helfen. Wie weit war die Philosophie des
Mittelalters dank des neuen Zustroms antiken Wissensstoffes im
13. Jahrhundert über den alten engen Umkreis der artes liberales
hinausgeschritten! Von der rhetorisch-dialektischen Vorschule des
Denkens bis zu den höchsten Problemen der Metaphysik wagte sie
sich jetzt an alle Dinge im Himmel und auf Erden und unter der
Erde. Wenige seiner Zeitgenossen verkörperten so wie Marsilius
die allseitige Wissensfreudigkeit aristotelischer Bildung. Nicht als
Neuschöpfer, aber als Vermittler, der die mannigfaltigen Anre-
gungen energisch zu verarbeiten wußte, war er zu wirken berufen.
Wie das geschah, ob und wieweit er dabei eigene Wege ging, welche
besondere Richtung und Farbe sein Denken trug — das alles ist
noch zu erörtern, um seine historische Bedeutung als Denker zu
begreifen.
 
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