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Gradenwitz, Otto [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 6. Abhandlung): Akten über Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892 — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37796#0039
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Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892 39*
die Frhr. v. Marschall mit feiner Psychologie durchschaut und als
zweckwidrig abweist. Aber sonst zeigt E. Gewandtheit: der bayerische
Minister will die Haltung des Königs Albert erforschen, als bei
welchem Fürst Bismarck zuerst passieren werde — der preußische
Gesandte nimmt — vorsichtig — die emphatische Stellung, den
Bayern darauf aufmerksam zu machen, ,,daß Bayern als erster
Bundesstaat nächst Preußen, Sachsen in diesem Falle den Weg zu
weisen habe, nicht umgekehrt“; und er handhabt die Kunst der
Aushilfen, indem er den Weg weist, den der Regent zu gehen habe,
— nämlich von München weg. Er macht auch das Auswärtige Amt
noch scharf, indem er nahe legt, welche Aufregung ein solcher
Empfang in München hervorrufen, welchen Eindruck er auf Süd-
deutschland auslösen würde. Er traut weder dem Regenten, noch
dem eigenen höheren Vorgesetzten die Bismarck feindliche Energie
zu, die ihn selber (seit 1889 oder seit 1890 ?) beseelt. Dies dem Amt.
(Nr. 475.) Dem Freund und heimlichen Leiter des Amtes vertraut er
seinen Kriegsplan völlig an: „Ich schlug vor: es soll in der Presse
gesagt werden, daß der Prinz beabsichtige, seine Schwester in
Wildenwart (Modena1) zu besuchen. Kommt der Fürst, so reist
er ab und lehnt Audienz wegen Versprechen an seine Schwester ab.
Kommt der Fürst nicht, so bleibt der Prinz ruhig in München.
Wir wollen sehen ob ers tut. Er befindet sich in größter Verlegen-
heit, die wohl noch gesteigert werden wird, wenn Crailsheim ihm
die Konsequenzen einer Audienz in der Form gibt, wie ich sie
entrollte“2.
Es ist schon oben (S. 9*) aus dem Schreiben des Grafen vom
14. an das Auswärtige Amt der Schluß gezogen worden, daß
diesem noch andere Quellen für seine Kenntnis der Sachlage flössen,
als die amtlichen. Beachtenswert ist, daß über München eine In-
struktion durch Frhr. v. Marschall da ist, die Wiener Akten eine
fortlaufende Korrespondenz zwischen Kanzler und Botschafter mit
Angabe der Schriftstücke sind, auf die geantwortet wurde. Es ist
zeitlich möglich, daß der Erlaß vom 13. dem Grafen Eulenburg so
früh am Tage zukam, daß er ihm am 14. früh bekannt ward, mög-
lich, daß der Graf den Frhrn. v. Crailsheim wieder um (wie am 13. ge-
schehen) aufsuchte, nach Empfang des Erlasses, und dem Minister
also auf Grund des Erlasses seine Vorstellungen machte, — und
1 Adelgunde, Herzogin von Modena, — des Regenten Großherzogin.
Alexandrine.
2 Dies ist aus dem Privatbrief an Holstein Nr. 492.
 
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