Metadaten

Sillib, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1922, 1. Abhandlung): Auf den Spuren Johannes Hadlaubs — Heidelberg, 1922

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38034#0014
License: Free access  - all rights reserved
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
6

Rudolf Sillib:

im ersten Eintrag erwähnte Johannes braucht nicht ohne weiteres
der gleiche Johannes wie der in den folgenden Genannte zu sein,
er kann es aber sein. Ist letzteres zutreffend, dann wäre — um das
Ergebnis unserer Untersuchung hier gleich vorweg zu nehmen —
Johannes Hadlaub 1310 (reichlich spät, aber wohl noch möglich)
als Studierender an der Universität Bologna festgelegt; er müßte
dann aber in einem weit früheren Aufenthalt in Bologna die Hand-
schrift erworben haben, jedenfalls vor dem Jahre 1281 wie sich
nachher ergeben wird, was kaum angenommen werden kann.
Wenden wir uns zum Inhalt der Niederschriften. Sie sind
voller Ergebenheit an seinen ehrwürdigen Lehrer Konrad von Mure,
den Züricher Kanonikus und Vorsteher der Kantorei, von dessen
Schüler Johannes gerichtet, der nach dem Eintrag auf Blatt 269'
und 272 sich als ihm blutsverwandt (consanguineus und prope po-
situs) bezeichnet. In etwas gewaltsam konstruierter lateinischer
Wendung wird über den amitus Konrad von Mure erläuternd gesagt:
Non late figit radicem dilecto quam locorum separat intervallum,
dessen Sinn, auch dem folgenden dictum entsprechend, doch nur
sein kann: nicht so weit entfernt liegt der Ursprung der gemein-
samen Abstammung für den Geliebten, als es nach den dazwischen
liegenden Verwandtschaftsgliedern den Anschein hat; somit dürfte
ein etwas entfernterer Verwandtschaftsgrad anzunehmen sein, als
amitus ausdrückt. Ziehen wir in Betracht, daß Konrad von Mure
im Jahr 1281 gestorben und daß Hadlaub, wie sich noch ergeben
wird, zu Beginn der sechziger Jahre geboren sein mag, so dürfen
wir unter Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Ein-
schränkung seiner verwandtschaftlichen Beziehung zu Konrad von
Mure in diesem wohl seinen Großoheim, den Bruder des Großvaters
oder der Großmutter mütterlicherseits erkennen. Die immerhin
noch nahe Verwandtschaft des Schreibers Johannes zu Konrad
von Mure steht außer Zweifel; es ist nur noch die Frage, können
wir unseren Johannes mit dem Minnesinger Hadlaub identifizieren.
An sich hat es schon einige Wahrscheinlichkeit für sich, wenn
wir einen Johannes, der sich als Schüler unseres Singmeisters be-
kennt und dessen Identifizierung mit Hadlaub räumlich und zeit-
lich keine Bedenken entgegenstehen, als solchen gelten lassen. Er
ist der in der Schule Konrads ausgebildete Schreiber, dessen ver-
schiedene, mit der gleichen braunen Tinte geschriebenen Schrift-
proben in der Bamberger Handschrift zeigen, wie trefflich er die
Schreibkunst ausübte, wenn auch einige flüchtig geschriebenen
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften