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Sillib, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1922, 1. Abhandlung): Auf den Spuren Johannes Hadlaubs — Heidelberg, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.38034#0015
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Auf den Spuren Johannes Hadlaubs.

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Worte nur mit Mühe zu lesen sind; ganz folgerichtig verwendet
er in den mitgeteilten Briefanfängen die Kursive, und gotische
Minuskel in seinen juristischen und poetischen Niederschriften.
Ihr Inhalt ergibt als Selbstverständlichkeit, daß sie noch zu Konrad
von Mures Lebzeiten verfaßt worden sind. Vergegenwärtigen wir
uns, daß Heinrich Maneß, der Propst des Großmünsterstifts (gest.
1. April 1271) in den Jahren 1259 und 1260 genaue Bestimmungen
über die Organisation des Stifts und besonders auch der mit dem
Stift verbundenen Kantorei erlassen und Konrad von Mure ver-
mutlich in diesen Jahren an die Spitze der Kantorei berufen hat4,
und daß dieser am 29. März 1281 gestorben ist, so ergibt sich an-
genähert die Zeit der Niederschrift unserer Federproben und ferner
die Geburtszeit Hadlaubs. Bechnen wir 15 — 16 Jahre von dem
als spätesten in Betracht kommenden Jahr 1281 zurück, so kom-
men wir auf das Jahr 1265, das als spätestes Geburtsjahr Hadlaubs
zu nehmen ist.
Eine weitere Bestätigung unserer Annahme der Identität des
Schreibers Johannes mit Hadlaub glauben wir in dem mitgeteilten
.juristischen Satz, ius naturale tres habet acceptiones, zu finden.
Konrad von Mure war keineswegs nur der sangeskundige Meister
und Lehrer der Rhetorik der Stiftsschule und der Verfasser histo-
rischer, namentlich den König Rudolf von Habsburg feiernder
Poesien, er war auch Decretorum Doctor und stand wohl auch
gerade als solcher mit dem ebensowohl als Pfleger edler Bildung,
insbesondere auch der Dichtung, wie auch als rechtskundigen und
Rechtsbücher sammelnden Rat der Stadt Zürich gepriesenen Rü-
diger Maneß (seit 1252 im Rate, gest. 5. Sept. 1304) in guter Ver-
bindung5; sonst hätte er denselben nicht zum ersten Testaments-
vollstrecker seines zu Gunsten seines Begräbnisortes, der St. Marien-
kapelle beim Großmünster, verfügten letzten Willens ernannt6. Es
ist anzunehmen, daß die unsere Aufzeichnungen enthaltende kano-
nistische Handschrift entweder im Besitz der Stiftsschule oder
Rüdiger Manesses in Zürich gewesen ist und daß Johannes als
Schüler Konrad von Mures mit dem Studium des Dekrets beschäf-
tigt war. Als Schreiber und Rechtskundiger wird Hadlaub die
Stiftsschule verlassen und in dieser Eigenschaft seinen Mitbürgern
in Zürich zur Seite gestanden, vielmehr damit als mit seinen Dich-
tungen sich seinen Unterhalt verdient haben. Mit seinem Herzen
mag er freilich weniger bei der Rechtskunde als bei seinen Liedern
gewesen sein; wir glauben dies schon für damals feststellen zu
 
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