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Gerhard Ritter:
liehen Herrscher“ ist höchst verschwommen. Ist etwa der Landes-
herr selber darunter verstanden, so wird man die Gegenfrage stellen
dürfen, ob etwa der Thomismus den Souveränitätsgelüsten der
deutschen Territorialherren günstiger war als Okkams Lehre? Im
übrigen genügt es, zur Antwort auf wenige Tatsachen hinzuweisen.
Die ,,nominalistische“ Heidelberger Universität hatte sich schon
seit langen Jahren (spätestens seit 1434) auf den Konzilien äußerst
zurückhaltend benommen, ja eine geradezu ängstlich papale Hal-
tung gezeigt ; in diesem Papalismus ist sie sich vor wie nach 1452
unverändert gleich geblieben. Denn das letztlich entscheidende
Motiv für die Magister war jederzeit die Sorge um ihre Pfründen;
sie folgten mit ziemlich sicherem Instinkt jederzeit der Partei, von
der sie mit größerer Sicherheit wirtschaftliche Zuwendungen er-
warten durften. Ob via moderna oder via antiqua in der Logik -
wie konnte das in solchen Fragen eine Rolle spielen? Überdies
aber ist nichts von einem besonders engen Verhältnis zwischen
Friedrich I. und dem Papst um 1452 bekannt. Eher könnte man
vermuten, daß er sich schon damals den durch Martin Mayrs
Namen gekennzeichneten Bestrebungen des Mainzer Stuhles ge-
nähert habe, die gravamina der deutschen Kurfürsten gegenüber der
neu einsetzenden päpstlichen Finanztätigkeit in Deutschland kräftig
zur Geltung zu bringen; seit 1456 ist seine Beteiligung an diesen
Abwehrmaßnahmen nachzuweisen1.
Mit einer Begünstigung päpstlicher Machtbestrebungen durch
den Landesherrn hat also die Reform der Hochschule gewiß nichts
zu tun. Wohl aber steht sie im engsten Zusammenhang mit dem
Ganzen seiner inneren Kirchenpolitik. Die Epoche der großen
Reformkonzilien blieb doch nicht ohne heilsame Folgewirkungen
für das innere Leben der deutschen Kirche. Seit dem Abschluß
der Konkordate war der Einfluß der Landesherren auf die Kirchen
ihres Territoriums von neuem erweitert und gefestigt; an den seit
dem Baseler Konzil kräftig einsetzenden Bestrebungen zur Ver-
besserung des Lebens der Weltkleriker und Ordensleute nahmen
sie vielfach lebhaften Anteil. Friedrich I. hat mit der ihm eigenen,
rasch zugreifenden Tatkraft an vielen Stellen für gründliche Reform
der überkommenen Mißbräuche im Klosterwesen und kirchlichen
Leben überhaupt gesorgt. Wenn er dem Schlendrian und der Ver-
weltlichung in den pfälzischen Klöstern entgegentrat, mochte ihm
die Verbesserung seiner Landeshochschule noch näher am Herzen
1 Lossen, Staat und Kirche in der Pfalz (Münster 1907), 28ff.
Gerhard Ritter:
liehen Herrscher“ ist höchst verschwommen. Ist etwa der Landes-
herr selber darunter verstanden, so wird man die Gegenfrage stellen
dürfen, ob etwa der Thomismus den Souveränitätsgelüsten der
deutschen Territorialherren günstiger war als Okkams Lehre? Im
übrigen genügt es, zur Antwort auf wenige Tatsachen hinzuweisen.
Die ,,nominalistische“ Heidelberger Universität hatte sich schon
seit langen Jahren (spätestens seit 1434) auf den Konzilien äußerst
zurückhaltend benommen, ja eine geradezu ängstlich papale Hal-
tung gezeigt ; in diesem Papalismus ist sie sich vor wie nach 1452
unverändert gleich geblieben. Denn das letztlich entscheidende
Motiv für die Magister war jederzeit die Sorge um ihre Pfründen;
sie folgten mit ziemlich sicherem Instinkt jederzeit der Partei, von
der sie mit größerer Sicherheit wirtschaftliche Zuwendungen er-
warten durften. Ob via moderna oder via antiqua in der Logik -
wie konnte das in solchen Fragen eine Rolle spielen? Überdies
aber ist nichts von einem besonders engen Verhältnis zwischen
Friedrich I. und dem Papst um 1452 bekannt. Eher könnte man
vermuten, daß er sich schon damals den durch Martin Mayrs
Namen gekennzeichneten Bestrebungen des Mainzer Stuhles ge-
nähert habe, die gravamina der deutschen Kurfürsten gegenüber der
neu einsetzenden päpstlichen Finanztätigkeit in Deutschland kräftig
zur Geltung zu bringen; seit 1456 ist seine Beteiligung an diesen
Abwehrmaßnahmen nachzuweisen1.
Mit einer Begünstigung päpstlicher Machtbestrebungen durch
den Landesherrn hat also die Reform der Hochschule gewiß nichts
zu tun. Wohl aber steht sie im engsten Zusammenhang mit dem
Ganzen seiner inneren Kirchenpolitik. Die Epoche der großen
Reformkonzilien blieb doch nicht ohne heilsame Folgewirkungen
für das innere Leben der deutschen Kirche. Seit dem Abschluß
der Konkordate war der Einfluß der Landesherren auf die Kirchen
ihres Territoriums von neuem erweitert und gefestigt; an den seit
dem Baseler Konzil kräftig einsetzenden Bestrebungen zur Ver-
besserung des Lebens der Weltkleriker und Ordensleute nahmen
sie vielfach lebhaften Anteil. Friedrich I. hat mit der ihm eigenen,
rasch zugreifenden Tatkraft an vielen Stellen für gründliche Reform
der überkommenen Mißbräuche im Klosterwesen und kirchlichen
Leben überhaupt gesorgt. Wenn er dem Schlendrian und der Ver-
weltlichung in den pfälzischen Klöstern entgegentrat, mochte ihm
die Verbesserung seiner Landeshochschule noch näher am Herzen
1 Lossen, Staat und Kirche in der Pfalz (Münster 1907), 28ff.