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Karl Hampe:
vermutlich stand, war freilich nicht aulzulösen bona omnia, sondern
bononia = Bologna. Und diese alma mater, deren Schüler es an
der Weisheit Brüsten mit jedem Tage mehr gelüsten mochte, hatte
dann natürlich keine ulcera sondern ubera1. Durch diese geringen
Textänderungen wird nun alles verständlich.
Die neuere Forschung hat ja bereits zu dem Ergebnis geführt,
daß für die Gestaltung der Universität Neapel in viel höherem Maße
die italienischen Vorbilder bestimmend gewesen sind, als man das
früher wohl angenommen hatte, und daß über den Charakter einer
Landeshochschule hinaus das erstrebte Ziel doch die Schaffung
eines zweiten Bologna war, das der älteren Schwester womöglich
den Bang ablaufen sollte2. Die Bildung der neuen Scholaren-
körperschaften und ihre Kämpfe mit der Stadtbehörde hatten mehr-
fach zur Ausführung der schärfsten Drohung: zur Auswanderung
geführt3. Das begann schon im ausgehenden 12. Jahrhundert, als
der Jurist Pilius vor 1182 sich mit seinen Schülern von Bologna
nach Modena begab4. Im ersten Jahrzehnt des neuen Säku-
lums folgte eine Auswanderung nach Vicenza5. 1215 wandte sich
der Zivilrechtler Roffred, der bald von da nach Benevent und Neapel
ging, mit seinen Studenten zur Abhaltung von Vorlesungen nach
Arezzo, dessen Universitätsstatuten denen Neapels ähneln6. Die
weitaus größte Sezession aus Bologna aber war die von über tausend
Doktoren und Scholaren im Jahre 1222 nach Padua, von wo aus
bald (1228) die Stadtgemeinde Vercelli den Schwarm durch glän-
zende Anerbietungen für sich einzufangen suchte7. Diese zum Teil
erfolgreichen Abspaltungen haben sicher in erster Linie die An-
regung zu dem Gründungsplan in Neapel gegeben, und indem nun
auch die zahlreichen Süditaliener aus Bologna heimbeordert wur-
den8, da war Bologna in der Tat vorübergehend so geschwächt, daß
Nebenbuhler wohl von einer Vertrocknung ihrer Brüste reden
konnten. Während seines ersten Lombardenkonflikts (1226) ver-
1 Vgl. Huillard-Breholles, Hist. dipl. II, 453: lactantis matris ubera
und zahllose andere Stellen.
2 Vgl. z. B. Niese, a. a. 0., S. 521; auch S. 513, 515.
3 Für das folgende vgl. durchgängig A. Hessel, Geschichte der Stadl
Bologna (1910), S. 420ff.
4 Vgl. Denifle, a. a. O., S. 296.
5 Ebenda S. 298.
6 Ebenda S.424; Niese S. 521, Anm. 1.
7 Ebenda S. 277, 278; Kaufmann, a. a. O.. S. 176.
8 Vgl. Niese, S. 520.
Karl Hampe:
vermutlich stand, war freilich nicht aulzulösen bona omnia, sondern
bononia = Bologna. Und diese alma mater, deren Schüler es an
der Weisheit Brüsten mit jedem Tage mehr gelüsten mochte, hatte
dann natürlich keine ulcera sondern ubera1. Durch diese geringen
Textänderungen wird nun alles verständlich.
Die neuere Forschung hat ja bereits zu dem Ergebnis geführt,
daß für die Gestaltung der Universität Neapel in viel höherem Maße
die italienischen Vorbilder bestimmend gewesen sind, als man das
früher wohl angenommen hatte, und daß über den Charakter einer
Landeshochschule hinaus das erstrebte Ziel doch die Schaffung
eines zweiten Bologna war, das der älteren Schwester womöglich
den Bang ablaufen sollte2. Die Bildung der neuen Scholaren-
körperschaften und ihre Kämpfe mit der Stadtbehörde hatten mehr-
fach zur Ausführung der schärfsten Drohung: zur Auswanderung
geführt3. Das begann schon im ausgehenden 12. Jahrhundert, als
der Jurist Pilius vor 1182 sich mit seinen Schülern von Bologna
nach Modena begab4. Im ersten Jahrzehnt des neuen Säku-
lums folgte eine Auswanderung nach Vicenza5. 1215 wandte sich
der Zivilrechtler Roffred, der bald von da nach Benevent und Neapel
ging, mit seinen Studenten zur Abhaltung von Vorlesungen nach
Arezzo, dessen Universitätsstatuten denen Neapels ähneln6. Die
weitaus größte Sezession aus Bologna aber war die von über tausend
Doktoren und Scholaren im Jahre 1222 nach Padua, von wo aus
bald (1228) die Stadtgemeinde Vercelli den Schwarm durch glän-
zende Anerbietungen für sich einzufangen suchte7. Diese zum Teil
erfolgreichen Abspaltungen haben sicher in erster Linie die An-
regung zu dem Gründungsplan in Neapel gegeben, und indem nun
auch die zahlreichen Süditaliener aus Bologna heimbeordert wur-
den8, da war Bologna in der Tat vorübergehend so geschwächt, daß
Nebenbuhler wohl von einer Vertrocknung ihrer Brüste reden
konnten. Während seines ersten Lombardenkonflikts (1226) ver-
1 Vgl. Huillard-Breholles, Hist. dipl. II, 453: lactantis matris ubera
und zahllose andere Stellen.
2 Vgl. z. B. Niese, a. a. 0., S. 521; auch S. 513, 515.
3 Für das folgende vgl. durchgängig A. Hessel, Geschichte der Stadl
Bologna (1910), S. 420ff.
4 Vgl. Denifle, a. a. O., S. 296.
5 Ebenda S. 298.
6 Ebenda S.424; Niese S. 521, Anm. 1.
7 Ebenda S. 277, 278; Kaufmann, a. a. O.. S. 176.
8 Vgl. Niese, S. 520.