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Bartholomae, Christian [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 3. Abhandlung): Zur Kenntnis der mitteliranischen Mundarten, 5 — Heidelberg, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.38044#0022
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22

Christian Bartholomae.

Wie aber erklärt sicli -eh? Es liegt am nächsten, dafür
ein *[pat]aidhi vorauszusetzen. Man könnte aber auch an
die SandhiForm *[pat]ahi denken. Freilich, nach Gauthiots
Kegel hätte ja daraus -e entstehen müssen, da der Wort-
akzent immer die dem ahi vorausgehende Silbe getroffen
hätte. Nur in einer Form nicht, nämlich in '-'ahi 'du bist5.
Aber gerade sie weist in den TurfänTexten die nach G. zu
erwartende Gestalt eh nicht auf, sie lautet vielmehr e, geschrieben
’YY, das zusammen 11 mal bezeugt ist. Sonst findet sich
10 -e der 2. Sing, nur noch in lie (9 mal) 'du bist’, eine direkt
auf e 'du bist’ aufgebaute Neubildung, sowie in bove (1 mal)
'du wirst’, eine Form, die bei den nahen begrifflichen Be-
ziehungen der alten Verba für 'sein' und 'werden’ — vgl. lat.
sum rvj fm) got. im ahd. bim — gar wohl durch e 'du
i5 bist’ bedingt sein kann. Alle andern 2. Sing, enden dagegen
auf -eh: bareh, niceheh, mäneh, asteh.
Man gewinnt aus dem vorhandenen Material durchaus
den Eindruck, daß der Ausgang -e von Haus aus nur eben
in e 'du bist' vorhanden war. Auf welchem Weg aber ist
20 dies aus uriran. *ahi (= jAw. ahi)1) entstanden? Darf man
etwa annehmen, daß es die Geringfügigkeit des Bedeutungs-
inhalts und die dadurch bedingte besonders rasche Aus-
sprache war, die ahi eine von den übrigen 2. Personen Sing,
abweichende Gestalt verschaffte? S. dazu WHorn Sprach-
körper und Sprachfunktion.
(§ 4 Forts.) Nun ist es ja gewiß richtig, daß die Verschiedenheit
der Tonstärke solche Verschiedenheit der Lautgestaltung erzeugen
konnte. Aber die Verschiedenheit der Ursachen wird hier doch nur
aus der Verschiedenheit der lautlichen Erscheinungen erschlossen,
so Und die Grundlage des ganzen Schlußgebäudes bildet die These: das
-e des Gas. obl. geht auf den alten Genitivausgang -ahia zurück;
was bewiesen werden sollte, wird als selbstverständlich, als evident
vorausgesetzt. Ist diese Evidenz wirklich gegeben? Muß marte
gerade auf den Gen. Sing. *martahia zurückgehen? Ist gar keine
35 andere Deutung des Ausgangs denkbar und möglich?
ß Eine 2. Sing. cdu bist’ ist im APers. nicht bezeugt. Es gibt nur ein
AHY — freilich an drei, aber gleichen Stellen belegt —, und das ist 2. Sing.
Konj., = ai. asasi; Meillets gegenteilige Angaben, VPerse 70 f., 96 f., 113
(, 121), sind irrig.
 
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