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Curtius, Ludwig; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 4. Abhandlung): Der Astragal des Sotades — Heidelberg, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.38045#0007
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Der Astragal des Sotades.

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Astragale für das Spiel cler Seelen im Jenseits, wofür auf die Nach-
weise von Pfuhl, Jahrb. d. Inst. XX, 1905, S. 64 und auf Funde
wie in Locri Epiz. Not. d. scavi 1917 S. 103, 165, zu verweisen
ist, nicht bloß für das Kinderspiel, auch zum Zeitvertreib der
Großen.
Und, um auch, dies vorweg zu nehmen, wir kennen auch den
Meister unserer unsignierten Schöpfung. Daß es Sotades ist, hat
Hauser a. a. 0. S. 92 dargelegt, und Buschor a. a. 0. S. 20 hat die
von Hauser erschlossene Gruppe um einige Werke erweitert1.
Hauser nun hat auf eine Eigentümlichkeit des Sotades auf-
merksam gemacht. Er verleiht den Gesichtern mancher Figuren
einen skurrilen Zug, der die Entscheidung über die Welt, der sie
angehören erschwert. Auf unserem Bilde kann die stumpfnäsige
Gestalt mit ungepflegtem Bart und schon flüchtigem Haupthaar,
das über der Stirne nur mehr einen Schüppel zurückgelassen hat,
nur ein Gott sein. Denn irgendein Sterblicher ist unmöglich im
Verkehr mit so zarten luftigen Wesen zu denken, die leicht wie
Schmetterlinge in der Luft tanzen. Aber der Gott glotzt wie ein
Silen, und der wulstige geöffnete Mund dürfte auch nicht eben das
feinste Attisch sprechen. So besteht ein merkwürdiger Gegensatz
zwischen dieser grotesken Figur und dem Chor der Mädchen, die
ihm doch glatt ergeben und zu gehorchen scheinen. Und hier liegt
die bisher nicht gelöste Schwierigkeit der Erklärung.
Denn gegen die Deutung auf Aiolos (Max Mayer in Boschers
Lexikon II, 2184) hat Hauser mit Recht eingewandt, daß dieser
in der literarischen Überlieferung immer als König behandelt wurde.
Vom König aber hat unsere Figur wirklich keinen Zoll; und selbst
wenn, was FIauser offen läßt, die Komödie den König demokra-
tisiert hätte, so wäre zu verlangen, daß sein Charakter durch irgend-
ein Attribut sich ausdrücke. Bei einem so sorgfältig durchgearbei-
1 Sollte nicht auch das herrliche Fragment der Raccolta Gumana, zu-
letzt am besten veröffentlicht von Gabrici, Mon. ant. Lincei XXII, 1913, Text
S. 526 Fig. 193, von dem die Hydria des British Museum Catal. E 170, Mon.
deH’Inst. IX, Taf. 28, schon wegen des Typus der Pferde nicht zu trennen ist,
Sotades gehören, die jüngsten Stücke seines Werks, aber, wie allein die Tracht
des verfolgten Mädchens zeigt, noch in den Übergangsstil etwa zwischen
460/50 einzuordnen ? Die Figuren der Sterne des Fragments sind wie Brüder
der Tänzerinnen des Astragals, die zierliche Nyx wie eine Schwester. Gleiche
Poesie der Vorstellung. Eine zeichnerische Einzelheit: Die Vorliebe für fein-
punktierte Säume hier am Gewand der Nyx, dort an den Koren, weshalb ich
dem Meister auch die Tänzerin Compte Rendu 1865, Text S. 55 zuweise.
 
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