Metadaten

Ruska, Julius; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 5. Abhandlung): Sal ammoniacus, Nušādir und Salmiak — Heidelberg, 1923

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.38046#0007
License: Free access  - all rights reserved
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Sal ammoniacus, Nusadir und Salmiak.

7

ist doch wohl der von den langen zu den verkürzten Formen, und
diese allmähliche Verkürzung scheint durch die persische, syrische
und arabische Entwicklung bestätigt zu werden. Beachten wir
noch, daß der Ton offenbar auf der zweiten Silbe ruht, da diese
ihre Länge (wenigstens im Persischen und Arabischen) behält,
während sich die erste und letzte Silbe verkürzt, berücksichtigen
wir endlich noch die Form -nuy, die bei Abü Mansür Muwaf-
faq b. 'Ali al Harawi (Codex Vindobonensis etc. ed. Seligmann,
p. 263) bezeugt ist, so würde ich eine Ableituug aus
nös-üäar etwa im Sinne von „Feuer trinkend“ nicht für unmög-
lich halten. Eine solche Erklärung würde vor allem trefflich zu
den vulkanischen Exhalationen oder Erdbränden passen, denen
der Salmiak seine Entstehung verdankt, und von denen uns die
persischen und chinesischen Berichte soviel Wunderdinge zu
erzählen wissen.1)
Ich komme nun zu der Frage, wann und warum man
nach Bekanntwerden des Nusädirsalzes den Namen Am-
monsalz auf den neuen Körper übertragen hat.
Auf das Warum? könnte man vielleicht antworten: weil das
Ammonsalz als ein besonders wirksames Salz aus der Literatur
bekannt war, das neue Medikament also mit Rücksicht auf seine
besondern chemischen Eigenschaften jenem altberühmten Salze
gleichgesetzt werden konnte. Doch es ist müßig, über das Warum
zu philosophieren, solange uns die Quellen nichts über die Motive
verraten. Auch ist die Antwort auf das Wann? schon über-
raschend und beachtenswert genug, um unsere ganze Aufmerksam-
keit in Anspruch zu nehmen. Denn die Identifikation scheint
zweimal in zwei verschiedenen Gebieten vollzogen worden zu
sein: ein erstes Mal im Osten, wo Syrisch, Griechisch, Persisch
und Arabisch zusammentrafen; ein zweites Mal vier Jahrhunderte
später im Westen, als die klassischen Überlieferungen mit dem
Arabischen in den spätmittelalterlichen Chemieschriften in Wett-
bewerb traten.
Bevor ich mich der Beweisführung aus syrischen Quellen zu-
wende, sei mir gestattet, eine Bemerkung über Berthelots große
Veröffentlichungen vorauszuschicken. Berthelot hat, wie bekannt,

l) Ein anderer Weg, das Wort abzuleiten, würde sich eröffnen, wenn die
im Syrischen und Armenischen bezeugte viersilbige Form anüsädür den ältesten
Lautbestand darstellte; doch möchte ich hierüber keine Vermutungen aussprechen.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften