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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 7. Abhandlung): Zur Frage der Plautinischen Cantica — Heidelberg, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.38048#0017
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Zur Frage der Plautinischen Cantica.

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einer Stufe dieser Entwicklung, die seiner chronologischen Stellung
ganz entspricht.
Wenn dem so ist, dann sollte man erwarten, daß unter den
plautinischen Stücken, die ja keineswegs alle kompositioneil gleich-
artig sind, auch noch ein mehr oder minder deutlicher Vertreter
der älteren Weise zu finden sein müßte, dessen Eigenart sich erst
aus der von uns vorausgesetzten Entwicklung richtig verstehen
ließe. Sagt doch Reitzenstein mit Recht (247): ,,Es ist bei dem
sakralen Charakter der Aufführungen und dem konservativen Sinn
der Römer sogar wahrscheinlich, daß auch Überholtes sich noch
lange hielt, besonders wenn es beim niedren Volk beliebt war.“
Er meint das vom Weiterleben der vor dem Auftreten des Andro-
nicus bei den szenischen Spielen üblichen, überwiegend gewiß nicht-
literarischen Gebilde. Bezieht sich doch Plautus selbst noch gele-
gentlich auf die ludii barbari, Cure. 150. Aber es gilt ebenso von
den frühen Stufen der mit literarischen Ansprüchen auftretenden
Erzeugnisse. Begegnen wir ihnen doch noch bei Sulla. Denn was
andres als entweder Magodien mit ύπόθεσις oder mimische Hypo-
thesen Verden dessen lateinische σατυρικά! κωμωδίαι gewesen sein,
von denen Nikolaos von Damaskos berichtete (Atb. VI 261c)? Sie
waren sicher nicht in unserm Sinn „satirisch“, d. h. kritisch und
aggressiv; denn es wird gerade das ιλαρόν an ihnen betont und
daß Sulla als φιλόγελως sie schrieb. Daß es Atellanen gewesen
wären, ist auch nicht hinreichend zu beweisen; vgl. Schanz I3 2, 11
und Teuffel-kroll I6 297. Mir scheint beachtenswert, daß unter
dem. Theatervolk der Mimen und Musikanten, die ihn umgaben, bei
Plutarch 36 auch der Ly sio de Metrobios genannt wird, ού καίπερ
έξώρου γενομένου διετέλει μέχρι παντός έραν ούκ άρνούμενος, also ein
dauerndes und besonders vertrautes Verhältnis; vgl. cap. 2:
Μητροβίου δέ των από σκηνής τίνος έρών διετέλεσεν έτι νέος ών.
Also werden jene Dichtungen wohl den Lysiodien nahe verwandt
gewesen sein, und da sie trotzdem κομωδίαι heißen, so liegt es
- denke ich — nahe genug, sie zu der Gattung mit κωμική ύπόΕεσις
zu zählen. Die lässig-freie Form solcher Kompositionen dürfte
gerade dem Dilettanten gut gelegen haben. Doch sei dem, wie es
wolle, die Hauptsache ist für uns jetzt, daß unter den plautinischen
Stücken mindestens eines tatsächlich den Typus der lockeren
mimischen Hypothese ausgeprägt an sich trägt, und zwar ist
es eins der frühesten, der im Jahr 200 aufgeführte Stichus,
für die Betrachter seiner Komposition seit je ein geradezu

Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., philos.-liist. Kl. 1923. 7. Abli.
 
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