Zur Frage der Plautiniscjien Cantica.
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Verschwinden der so liebevoll gezeichneten Frauen hinwies, deren
Treue doch für das ganze Stück so wichtig war und um die sich
die heimgekehrten Männer so auffällig wenig kümmern; auch die
lose Anfügung des disparaten Schlußaktes ist natürlich nicht über-
sehen. ,,Die Teile hübsch, das Ganze unmöglich“, urteilte Leo
(376); es ist ihm nichts als eine Folge belustigender Szenen, kein
menandrisches und überhaupt kein Stück der attischen Komödie
kann so ausgesehen haben. Und wirklich (ohne damit schon über
seinen Wert etwas aussagen zu wollen): wenn er auch unter die
Komödien des Plautus eingereiht ist, eine Komödie ist der
St ich us überhaupt nicht (und so denn auch keine des noch
jungen Menander). Dann darf man aber an ihn auch nicht, wie
das die Kontaminationsforschung tut, den Maßstab der Komödie
anlegen. Nach seiner Eigenart muß er verstanden werden. Und er
ist zu seiner Zeit entsprechend verstanden worden; denn das
Stück muß gefallen haben, das beweisen die nicht geringen Spuren
von retractatio (ist doch sogar der Ersatz des gesungnen Eingangs-
duetts durch eine bescheidenere Sprechszene mitüberliefert). Das
beweisen uns auch die römischen Juristen, bei denen das singuläre
Stichus Gattungsname für den Sklaven geworden ist.
Von den Versuchen, das Rätsel zu lösen, kann heute der älteste
als erledigt gelten, nämlich die Annahme unvollständiger Erhaltung
(Ritschl, Lad ewig, Rergk). Nichts beweisen kann der kleine,
besonders nach Abzug der Dittographien überraschend kleine Um-
fang des Stücks (immer noch um etwa eineinhalbhundert Verse
kürzer als die Asinaria, das kleinste der im ganzen unversehrt
erhaltenen Stücke). Offenbar erreichte der Schlußakt durch die
sympotische Aktion, durch Musik und ganz besonders durch die
Tänze, eine zeitliche Ausdehnung, die weit über die Versziffer
hinausreicht. Mehrere Annahmen von angeblichen Lücken hat
Goetz widerlegt (acta soc. Ritschl. VI 1876, 302fL), der aber
schließlich auf die andere Fassung der Verlusthypothese hinaus-
kommt, daß unmittelbar vor dem 5. Akte größere Partien ge-
strichen seien, in denen die Schwestern wieder auftraten. Dort sei
auch, passender als jetzt (weil näher der Ausführung), ursprünglich
jene Stelle gestanden, mit der jetzt in II 1 das Sklavengelage
vorbereitet wird, von 425 an, doch so, daß nur 436ff. „der Haupt-
sache nach echt“ seien, 425ff. aber nur eingefügt, um die nach
der großen Streichung entstandene Verbindungslosigkeit des Schluß-
aktes nachträglich zu beseitigen. Der Stichus ist für Goetz eins
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Verschwinden der so liebevoll gezeichneten Frauen hinwies, deren
Treue doch für das ganze Stück so wichtig war und um die sich
die heimgekehrten Männer so auffällig wenig kümmern; auch die
lose Anfügung des disparaten Schlußaktes ist natürlich nicht über-
sehen. ,,Die Teile hübsch, das Ganze unmöglich“, urteilte Leo
(376); es ist ihm nichts als eine Folge belustigender Szenen, kein
menandrisches und überhaupt kein Stück der attischen Komödie
kann so ausgesehen haben. Und wirklich (ohne damit schon über
seinen Wert etwas aussagen zu wollen): wenn er auch unter die
Komödien des Plautus eingereiht ist, eine Komödie ist der
St ich us überhaupt nicht (und so denn auch keine des noch
jungen Menander). Dann darf man aber an ihn auch nicht, wie
das die Kontaminationsforschung tut, den Maßstab der Komödie
anlegen. Nach seiner Eigenart muß er verstanden werden. Und er
ist zu seiner Zeit entsprechend verstanden worden; denn das
Stück muß gefallen haben, das beweisen die nicht geringen Spuren
von retractatio (ist doch sogar der Ersatz des gesungnen Eingangs-
duetts durch eine bescheidenere Sprechszene mitüberliefert). Das
beweisen uns auch die römischen Juristen, bei denen das singuläre
Stichus Gattungsname für den Sklaven geworden ist.
Von den Versuchen, das Rätsel zu lösen, kann heute der älteste
als erledigt gelten, nämlich die Annahme unvollständiger Erhaltung
(Ritschl, Lad ewig, Rergk). Nichts beweisen kann der kleine,
besonders nach Abzug der Dittographien überraschend kleine Um-
fang des Stücks (immer noch um etwa eineinhalbhundert Verse
kürzer als die Asinaria, das kleinste der im ganzen unversehrt
erhaltenen Stücke). Offenbar erreichte der Schlußakt durch die
sympotische Aktion, durch Musik und ganz besonders durch die
Tänze, eine zeitliche Ausdehnung, die weit über die Versziffer
hinausreicht. Mehrere Annahmen von angeblichen Lücken hat
Goetz widerlegt (acta soc. Ritschl. VI 1876, 302fL), der aber
schließlich auf die andere Fassung der Verlusthypothese hinaus-
kommt, daß unmittelbar vor dem 5. Akte größere Partien ge-
strichen seien, in denen die Schwestern wieder auftraten. Dort sei
auch, passender als jetzt (weil näher der Ausführung), ursprünglich
jene Stelle gestanden, mit der jetzt in II 1 das Sklavengelage
vorbereitet wird, von 425 an, doch so, daß nur 436ff. „der Haupt-
sache nach echt“ seien, 425ff. aber nur eingefügt, um die nach
der großen Streichung entstandene Verbindungslosigkeit des Schluß-
aktes nachträglich zu beseitigen. Der Stichus ist für Goetz eins