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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 7. Abhandlung): Zur Frage der Plautinischen Cantica — Heidelberg, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.38048#0032
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32

Otto Im misch:

Sollte man, die Absicht der Übersetzung von τετράμετρον voraus-
gesetzt, nicht eher versus quadrifarius, quadrimodus oder dergleichen
erwarten? Erinnern wir uns vielmehr, in welchem Sinne die
Alltagssprache von quadrae redete. Das sind Bruchteile von Broten
(Hör. ep. 1 17, 49), Kuchen (Martial III 77, 3; VI 75, 1; IX 90, 18)
und Käselaiben (XII 32, 18), wie denn pompeianische Brotlaibe
noch heute die eingekerbte, das Teilen und Brechen erleichternde
Viertelung aufweisen, ganz wie im Moretum (47) das Brot gerichtet
wird impressis aequo discrimine quadris (Belege, die ich Kiessling-
Heinze, zur Horazstelle, entnehme). Daß quadratus auch sonst
eine viergeteilte Sache bedeuten kann, beweist die alte legio qua-
drata mit ihren vier Tausendschaften (Festus-Pauli 453 Lincls.). Ich
denke, es ist einleuchtend, der Vers hieß von alters versus quadratus,
der Vierer, weil er auch seinerseits durch die drei Einschnitte
gleichsam eingekerbt, in 2x2 κόμματα oder quadrse zerfiel, bei
denen indessen die Grenzen zwischen 1 und 2 und zwischen 3 und
4 von der griechischen Teilung nach dipodischen Metra ursprüng-
lich abwichen. Letzten Endes war die lateinische Langzeile ein
vierzeiliges Ströphchen, das namentlich, wenn es skoptischen In-
halt hatte, einem richtigen Schnadahüpfl ähnlich genug sehen
mochte.
Zwei alte Beispiele mögen die Vierteiligkeit veranschaulichen.
Livius tr. 18: conflugae | ubi conventu |[ campum tot(um) \ inumi-
gant, wo der Hiat in der ersten Kerbe schwerlich durch die VI. con-
fluges zu beseitigen ist (zuletzt so Ax, de hiatu qui in fragmentis
priscae poesis Rom. invenitur, Diss. Gotting. 1917, 8). Naevius
tr. 37: oderunt \ d(i) homines iniuros. || egone an ill(e) \ iniurie. Sehr
häufig freilich begegnet uns dieser wie wir glauben älteste Typus
nicht mehr. Aber hier erinnern wir uns sofort an eine überaus
wichtige Analogie, an das Schicksal jenes gleichfalls uralten Zwei-
malzwei des Saturniers, wie ihn Leos eindringende Forschung auf-
geklärt hat. Auch da ist die ursprüngliche Gliederung durch eine
Haupt- und zwei Nebendiäresen durch die Vielgestaltigkeit der
Einzelformen oft verwischt , nur daß im Saturnier die Diärese hinter
dem ersten Komma sehr dauerhaft ist. Im Quadratus scheint be-
sonders weiblicher Ausgang im ersten Gliede häufig, nicht ganz
selten durch einen (sicherlich volkstümlichen) Reim mit dem zweiten
verbunden, was später in der kirchlichen Dichtung zu einer ein-
drucksvollen Strophe geführt hat, die aber ihre Vorläufer, wie
Lisener zeigte (Kl. Sehr. II 255ff.), schon in manchem plautini-
 
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