Zur Frage der Plautinischen Gantica.
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sehen Beispiel hat (etwa scLs cunorem, sc Ls laborein, sc Ls egestatem
mearn, Pseud. 695).
Noch Usener in dem eben genannten Aufsatz steht unter dem
Bann der Vorstellung, daß nur der Saturnier der römische Urvers
κατ’ εξοχήν ist. ,,Nach der Verdrängung des Saturniers,“ so drückt
er sich aus, ,,wurde, wie uns die Soldatenlieder zeigen, der trochä-
ische Septenar die geläufigste Form der Volkspoesie.“ Und doch
führt nichts auf dies Hintereinander, sondern alles auf ein ursprüng-
liches Nebeneinander der zwei Verse, von denen der Septenar sogar
noch der ältere gewesen zu sein scheint und jedenfalls jeder sein
besonderes Verwendungsgebiet hatte. Der Saturnier diente nicht
als harmloser Sprechvers, am wenigsten dem τωθασμός und den
volkstümlichen Spielereien, wie denn der berühmte Beispielvers
der Met eil er gegen Naevius m. E. durch Wissowa erledigt ist
(Genethl. f. Robert 59ff.). Sein Wesen ist Gravitas. Im Kultischen
und Rituellen ist er zu Hause, oder er dient der ernsthaften Spruch-
weisheit, oder aber er repräsentiert, in feierlicher Monumentalität,
auf Elogien, Triumphaltafeln und ähnlichen Inschriften. So hat
ihn noch Accius angewendet, dessen Verse der von ihm gefeierte
Brutus Callaecus auf das Frontispiz seines Marstempels beim circüs
Flaminius setzte (Cie. pro Archia 27 mit schol. Bob. II 179 St.).
Als Andronicus und Naevius das nationale Äquivalent für den
heroischen Vers der Griechen suchten, geeignet die Hoheit der
Reges et Duces zum Ausdruck zu bringen, da griffen sie mit vollem
Recht zum Saturnier und normalisierten ihn für ihre Zwecke. Sie
taten das aber nicht, weil er ,,der“ lateinische Vers war, sondern
weil er der würdige und der monumentale lateinische Vers und also
fürs Epos passend war. In der neuen literarischen Geltung hat er
sich allerdings nur kurze Zeit behaupten können, da Ennius’ Hexa-
meter ihn verdrängte. Der aus den Niedrungen des Volkstümlichen
herstammende unheroische und biotische Quadratus hat sich be-
zeichnenderweise niemals in der gleichen Weise verdrängen lassen;
sein Wurzelboden war tiefer und breiter gewesen.
Hat man sich dies alles klar gemacht, so sieht man, wie An-
dronicus verfahren mußte, wenn es nun galt die Sprechverse des
griechischen Dramas durch lateinisches Maß zu ersetzen. Die An-
nahme Friedländers (Rhein. Mus. LXII 1907, 73ff.), daß da für
seine Technik des Senars der Saturnier maßgebend gewesen sei
(und auf diesem Wege der plautinische Idiat seine Erklärung finde),
verkennt meines Erachtens die abgrundtiefe Kluft, die sich zwischen
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1923. 7. Abh.
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sehen Beispiel hat (etwa scLs cunorem, sc Ls laborein, sc Ls egestatem
mearn, Pseud. 695).
Noch Usener in dem eben genannten Aufsatz steht unter dem
Bann der Vorstellung, daß nur der Saturnier der römische Urvers
κατ’ εξοχήν ist. ,,Nach der Verdrängung des Saturniers,“ so drückt
er sich aus, ,,wurde, wie uns die Soldatenlieder zeigen, der trochä-
ische Septenar die geläufigste Form der Volkspoesie.“ Und doch
führt nichts auf dies Hintereinander, sondern alles auf ein ursprüng-
liches Nebeneinander der zwei Verse, von denen der Septenar sogar
noch der ältere gewesen zu sein scheint und jedenfalls jeder sein
besonderes Verwendungsgebiet hatte. Der Saturnier diente nicht
als harmloser Sprechvers, am wenigsten dem τωθασμός und den
volkstümlichen Spielereien, wie denn der berühmte Beispielvers
der Met eil er gegen Naevius m. E. durch Wissowa erledigt ist
(Genethl. f. Robert 59ff.). Sein Wesen ist Gravitas. Im Kultischen
und Rituellen ist er zu Hause, oder er dient der ernsthaften Spruch-
weisheit, oder aber er repräsentiert, in feierlicher Monumentalität,
auf Elogien, Triumphaltafeln und ähnlichen Inschriften. So hat
ihn noch Accius angewendet, dessen Verse der von ihm gefeierte
Brutus Callaecus auf das Frontispiz seines Marstempels beim circüs
Flaminius setzte (Cie. pro Archia 27 mit schol. Bob. II 179 St.).
Als Andronicus und Naevius das nationale Äquivalent für den
heroischen Vers der Griechen suchten, geeignet die Hoheit der
Reges et Duces zum Ausdruck zu bringen, da griffen sie mit vollem
Recht zum Saturnier und normalisierten ihn für ihre Zwecke. Sie
taten das aber nicht, weil er ,,der“ lateinische Vers war, sondern
weil er der würdige und der monumentale lateinische Vers und also
fürs Epos passend war. In der neuen literarischen Geltung hat er
sich allerdings nur kurze Zeit behaupten können, da Ennius’ Hexa-
meter ihn verdrängte. Der aus den Niedrungen des Volkstümlichen
herstammende unheroische und biotische Quadratus hat sich be-
zeichnenderweise niemals in der gleichen Weise verdrängen lassen;
sein Wurzelboden war tiefer und breiter gewesen.
Hat man sich dies alles klar gemacht, so sieht man, wie An-
dronicus verfahren mußte, wenn es nun galt die Sprechverse des
griechischen Dramas durch lateinisches Maß zu ersetzen. Die An-
nahme Friedländers (Rhein. Mus. LXII 1907, 73ff.), daß da für
seine Technik des Senars der Saturnier maßgebend gewesen sei
(und auf diesem Wege der plautinische Idiat seine Erklärung finde),
verkennt meines Erachtens die abgrundtiefe Kluft, die sich zwischen
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1923. 7. Abh.
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