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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1923, 7. Abhandlung): Zur Frage der Plautinischen Cantica — Heidelberg, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.38048#0037
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Zur Frage der Plautinischen Cantica.

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wenn keine Belege mehr es beweisen können, nach allen Erfahrun-
gen an volkstümlichen Formen für sicher halten. Da ist der
Septenar zu Hause, und das ist auf griechischer Seite, wie noch die
Gephyristen zu Sullas Zeit beweisen, gewiß nicht anders gewesen.
Über jene den griechischen Hypotheseis und Magodien nachgebil-
deten j ab niete argumento sertae und über die noch älteren saturae
zurück reicht also die Vorliebe für diesen Vers bis zu den Urformen.
Dafür spricht auch die eigentümliche Vortragsart dieser Verse, die
der Flötenspieler begleitete, so daß sie ein in Sprechweise und Gesti-
kulation gebundenes und sehr bestimmt stilisiertes Spiel erfor-
derten, das sicherste Kennzeichen altertümlicher Herkömmlichkeit.
So weist denn auch diese metrische Eigenart der altlateinischen
Komödie uns über die bloße Nachdichtung der attischen Muster
hinaus in die heimischen Traditionen der niedrigen Dramatik, und
gemäß den Beziehungen, die wiederum diese mit den längst in die
Literatur übergetretenen hellenistischen Analoga verbinden, auch
in die Bereiche von Leos „hellenistischem Singspiel“.
Dasselbe können wir aber auch noch an einer andern Besonder-
heit des fertigen römischen Stiles erweisen, diesmal auf dem Gebiet
der Prosodie. Ich meine den Gebrauch der VerSchleifung bei
den altlateinischen Szenikern. Leider hat dieses wichtige Kapitel
die einst von Maurenbrecher geplante zusammenhängende Be-
handlung noch nicht gefunden, auch in Lindsays Buch nicht, der
doch sonst den Fragen der archaischen Prosodie mit einer gewissen
Vollständigkeit nachgeht (vgl. z. B. 255). Nach Maurenbreciiers
Überschlag (Hiatus und Verschiebung 235) kommen im Plautus
auf je 20 Verse etwa i Hiat, auf je 2 Verse etwa 3 Verschleifungen.
Jeder weiß, wie sehr sie sich stellenweise häufen und wie lästig sie,
namentlich in der Doppelsynalöphe, unserer Zunge werden, zumal
wenn wir uns bewußt sind nicht einfach elidieren zu dürfen, weil
zwingende Gründe beweisen, daß Elemente der verschluckten Encl-
iaute noch deutlich hörbar blieben (z. B. in einem Wortspiel, wie
sine anim(o) anim(a) est debilis). Das Auffällige ist neben dem
gewaltigen Umfang der Erscheinung die verhältnismäßige Isolierung
der Szeniker in dieser Hinsicht. Nulla patte magis differunt daclij-
lici aetusti a scaenicis (Luc. Müller 2336; vgl. auch Leo Forsch.2
334). Selbst der formal mit der Technik der Dramatiker noch Zu-
sammenhang haltende Phaedrus emanzipiert sich in diesem Punkte
(Luc. Müller praef. XIIL).
Offenbar ist nun das Verfahren der alten Dichter dem Wunsche
 
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