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Fabricius, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 1. Abhandlung): Über die Lex Mamilia Roscia Peducaea Alliena Fabia — Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.38943#0038
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Ernst Fabricius:

schaftlichen Bedürfnisse kann, wo sie nicht in größeren Gruppen
zusammensaßen, die Sonderstellung gegenüber der übrigen Ein-
wohnerschaft nur nachteilig und hindernd gewesen sein. Wohnten
die römischen Ansiedler hier doch neben- und durcheinander mit
einer zumeist stammfremden, vielfach erbitterten Bevölkerung, mit
der sie kein Commercium und kein Conubium hatten, kein gleiches
Recht, keine gleiche Sprache, Sitte und Religion. Und nicht minder
schwierig muß es für die Halbbürgergemeinden selbst gewesen
sein, mit den Gutsverwaltern der großen Herren in Rom und mit
den aus stadtrömischen Proletariern hervorgegangenen Ansiedlern
auszukommen, die Rechte und Ansprüche geltend machten, ohne
an den entsprechenden Pflichten und Lasten teilzunehmen.
In diese verworrenen Verhältnisse griff nunmehr das mami-
lische Gesetz mit seiner Regelung der Deduktion von Kolonien und
mit seiner Forderung der Konstituierung von Munizipien, Präfek-
turen, Fora und Conciliabula ein. Ist das Einzelne wegen des Ver-
lustes der bezüglichen Teile des Gesetzes auch nicht mehr festzu-
stellen, so kann doch über die Bedeutung und Wirkung dieser
Vorschriften im allgemeinen kein Zweifel sein. Sie lassen sich dahin
zusammenfassen: die durch das Gesetz vom Jahre 111 zu Ager
privatus gewordenen großen und kleinen Besitzungen wurden dem
Ager derjenigen Gemeinden zugeteilt, in deren ehemaligen oder etwa
neu abgegrenzten Territorien sie gelegen waren. Der Beweis dafür
ergibt sich aus c. 55, wo für die Limitation das Innehalten der
territorialen Grenzen eigens vorgeschrieben wird: Wer nach dem
vorliegenden Gesetz eine Kolonie deduzieren, ein Munizipium, eine
Präfektur, ein Forum oder ein Conciliabulum konstituieren wird,
soll für Anlage von Limites und Setzen von Termini auf dem be-
treffenden kolonialen oder munizipalen Ager sorgen, und diese
von ihm festgelegten Eigentumsgrenzen sollen gültig sein, dum ne
extra agrum colonicum territoriumve fines ducat. Dieser, auf den
ersten Blick befremdende Zusatz erhält eben erst Sinn und Verstand,
wenn mit der Konstitution die Festlegung des betreffenden Terri-
toriums verbunden war, wie sich das bei der Deduktion von Kolo-
nien von selbst versteht, und wenn dabei alle jenen hybriden Ge-
biete den neu abgegrenzten Territorien zugeteilt wurden. Das be-
deutete unter Umständen die Zerschlagung und Verteilung von Lati-
fundien auf verschiedene Landgemeinden. Dazu kommen in c. 53
die Bestimmung über die Aufsicht und c. 55 über die Rechtspre-
chung der betreffenden kolonialen und munizipalen Beamten nach
 
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