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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 2. Abhandlung): Bemerkungen zur Schrift vom Erhabnen — Heidelberg, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.38944#0020
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20

Otto Immiscii:

gehabt hat und die nun metaphorisch auf das Gebiet der Bildnerei
angewendet wird. Von den fünf in Ernestis lex. techn. graec. 269
verzeichneten Gebrauchsweisen kommt hierbei die letzte in Be-
tracht: πλάσμα soviel wie,,Stil“, aber nicht wie sonst Stil der φράσις,
sondern der υπόκρισής, belegt bei Phitarch Demosth. lf: τοΐς μέν
οΰν πολλοΐς ύποκρινόμενος ήρεσκε Ταυμαστώς, οί δέ χαρίεντες ταπεινόν
ηγούντο καί άγεννές αύτοΰ τδ πλάσμα καί μαλακόν, ών καί Δημήτριος
ο Φαληρεύς έστιν. Vgl. auch bei π. του άκούειν 7 ρ. 41 Β. Das ursprüng-
liche ist wohl die Bildung der Stimme: liquido cum plasmate gultur
mobile conlueris, Persius 1, 17. Vom Stimmton ist auch noch die
Rede, wenn Quintilian 1 8, 2 von einer lectio plasmate effeminata
spricht, doch führt das schon an den weiteren Begriff ύπόκρισις
überhaupt heran, wobei nicht nur die Stimme, sondern auch Körper-
haltung, Mienenspiel und Gestikulation,,geformt“ erscheinen. Wenn
das nun hier auf das Gebiet der bildenden Kunst übertragen und
neben das gleichfalls so übertragne ήθ-ος gestellt wird (vgl. den
άγαθός ήθογράφος Polygnot bei Aristot. poet. 1450a 27), so handelt
es sich offenbar bei dem Nachgestalten (άποτύπωσις), wovon die
Rede ist, darum, daß sich der Künstler an Musterwerke hält1, in
denen große Meister der Vergangenheit bereits den vollendeten Aus-
druck gefunden haben für zweierlei: erstens für die Bestimmtheit
des jeweiligen innern und geistigen Wesens (die ήθη) und zweitens
für bedeutsame und wirkungsvolle Körperhaltungen (ςΐΐβ πλάσματα),
etwa die charakteristischen Züge der schreitenden, der ruhenden,
der leidenschaftlich bewegten Gestalt. Unser Verfasser tut dabei
ganz recht, beides nicht mit καί sondern mit ή zu verbinden. Die
Künstler legten ja, je nach Neigung und Begabung, das Schwer-
gewicht mehr auf die eine oder die andere Seite, wie eben Polygnot
der klassische ήΕογράφος war und Zeuxis nicht.
Während in diesem Falle jede Änderung abzuweisen war —- die
προσωδία der zwei H steht ja jedem Deuter des Textes frei —, ist im
gleich drauffolgenden eine Korrektur des Überlieferten unvermeid-
lich. ,,Hätte sich Platon,“ will der Anonymus sagen, „nicht mit
vollem Bewußtsein in einen Wettkampf mit Homer eingelassen, so
würde er m. E. zwei Dinge nicht ausgeführt haben“, welche beiden
Dinge eben in den uns beschäftigenden Worten enthalten sind: ούδ’
αν (1) έπακμάσαι μοι δοκεΐ τηλικαΰτά τινα τοΐς τής φιλοσοφίας δόγμασι
1 Nur soviel liegt in den Worten, wie άπό zeigt; es sollen die ήθη und
πλάσματα nicht unmittelbar in der Nachbildung wiederholt, nicht Vorgeformtes
einfach nachgeformt werden.
 
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