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Ranke, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 5. Abhandlung): Alter und Herkunft der ägyptischen "Löwenjagd-Palette" — Heidelberg, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.38947#0011
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Alter und Herkunft der ,,Löwenjagd-Palette“.

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denen man längst clie Formen der ägyptischen Schriftzeichen für
„Westen“ und „Osten“ erkannt hat. Was haben diese Standarten
zu bedeuten? Steindorff meinte s. Z. im Anschluß an Maspero,
daß durch die Standarten die ihnen folgenden Jäger als „zu den
Kontingenten des westlich und östlich vom Nil liegenden Landes-
teils“ —- er denkt dabei anscheinend an 2 Hälften eines Gaues —
gehörend bezeichnet werden sollten, und Sethe meint in seinem
1922 erschienenen Aufsatz über die ägyptischen Ausdrücke für
rechts und links (S. 211) etwas vorsichtiger, „die Wüstengebirge
im Westen und Osten des Niltals, in denen die Ägypter der Jagd
oblagen,“ seien durch die beiden Standarten „als Ort der Handlung
oder als Heimatsgebiete der Handelnden“ bezeichnet worden.
Ich glaube, wir können der Erklärung dieser Standarten sehr
viel näher kommen, und Sethe selbst hat uns in dem eben genannten
Aufsatz den richtigen Weg gezeigt.
Sethe hat nämlich dort nachgewiesen, daß die Schriftzeichen
für Westen und Osten ursprünglich Symbole für bestimmte Landes-
teile Ägyptens gewesen sind, und zwar zunächst für den 3. und
14. unterägyptischen Gau, dann aber für den ganzen Westteil und
Ostteil des Deltas, aus denen später das unterägyptische Reich
verschmolzen worden ist.
Wie nun, wenn wir annehmen, daß die Standarten auf der
Löwenjagdpalette als die Symbole dieser beiden —- schon mit-
einander vereinigten — Teile des unterägyptischen Reiches auf-
zufassen wären ? Wenn unsere Darstellung den Auszug von Jägern
des unterägyptischen Reiches verewigte gegen eine Anzahl von
Löwen, die Menschen und Herden im Delta heimgesucht hatten,
und deren glückliche Erlegung — man denke an die jämmerlichen
Kampfmittel, die gegen die gewaltigen Tiere zurVerfügung standen!
— im Lande als eine wahre Erlösung gefeiert wurde? Und wenn
durch die beiden Standarten die Tatsache zum Ausdruck gebracht
worden wäre, daß Angehörige beider Landesteile zu dem gefähr-
lichen Abenteuer aufgerufen und an seinem erfolgreichen Ausgang
beteiligt gewesen sind? Mir scheint, daß bei dieser Annahme, und
nur bei ihr, jener vorhin erwähnte scheinbare Widerspruch sich
auflösen würde.
Der Künstler, der die Reliefs der Löwenjagd-Palette schuf,
lebte vor Menes — daher die freie Anordnung der Bilder, die, ohne
Lücken, schmückend der Form der Palette folgt, daher die archa-
ische und zugleich freie "Wiedergabe der menschlichen Gestalt ohne
 
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