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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 7. Abhandlung): Eine delphische Mirakelinschrift und die antiken Haarwunder — Heidelberg, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.38949#0006
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Otto Weinreich:

frucht tragen, insonderheit wenn es ein Wunderwerk der Natur ist,
und eine Person, die ihrer Zeit mannhafte Thaten verüben soll“.8)
Zugleich leistet jener Zug noch ein weiteres: rationalistisch,
insofern man leichter begreift, daß das Kind schon so reichlich be-
haart war; aretalogisch, insofern es um so eindringlicher wirkt,
wenn wir hören, daß die Mutter trotz der überlangen Schwanger-
schaft keine Beschwerden hatte.
Halten wir uns nun bei der Gesamtbeurteilung des θαύμα
'Απόλλωνος an den guterhaltenen ersten Teil, wo wesentliche Un-
klarheiten nicht bestehen. Es ist eine Singularität für Delphi. Apoll
als Urheber solch naiver Wunder befremdet. Ja, wenn es Askle-
pios wäre! in Epidauros würden wir uns über derartiges nicht
verwundern. Und die epidaurischen ιάματα geben uns die Ana-
logien, deren wir zur Einreihung des delphischen Textes bedürfen.9)
Da hilft Asklepios kinderlosen Eltern zur Nachkommenschaft: der
Kleo, die, wie schon oben erwähnt, fünf Jahre schwanger war ohne
gebären zu können (I, 1), der Ithmonika (I, 10), vielleicht auch der
Sostrata (II, 37, falls Blinkenbergs Ergänzungen zulässig sind, vgl.
Syll.3 1169, Note 95), der Andromache (II, 60, jetzt durch neues,
anpassendes Fragment vervollständigt: Kabbadias, Άρχ. Έφ. 1918,
S. 158), jener Frau, deren Namen nicht erhalten ist, und der As-
klepios sogar freistellte, was sie lieber wolle, Bub ocler Mädchen
(II, 83, vervollständigt Άχρ. Έφ. a. a. 0.; man vergleiche Z. 85 f.
mit V. 4 des delph. Gedichts, ebenso II, 132), der Aristomeda, die
fünf Kinder zur Weit bringt (II, 117), der Nikasibula (II, 129).
Wie Apollo nicht vergißt, das Dankopfer zu bestellen (Z. 3), so hält
noch viel mehr Asklepios darauf, daß er ein Honorar bekommt
oder ein Anathem oder sein Dankopfer: I, 39. 46. 52. 69; II, 35
(II, 7 Strafe für nicht erstattete ΐατρα) und in den neuen Wundern
Άρχ. Έφ. a. a. 0., S. 168, Z. 21; 28f.; 68(?); 72ff., offenbar auch
Strafwunder: ούκ] άπεδίδου, dann ά]νέθηκε τώι θεώι. Die Namenge-
bung hat Apollon zwar nicht im Orakel festgelegt, sondern die Eltern
wählen die beziehungsvollen Namen von sich aus zur Erinnerung
an die delphischen Wunder, aber immerhin mag man vergleichen,

8) Rabelais, Gargantua 1, 3 (nach Regis’ Übersetzung). Rabelais versäumt
nicht, diese Möglichkeit ausführlich durch nahezu das ganze antike Material über
Zehn- und Elfmonatskinder zu belegen.
9) Ich zitiere abgekürzt: I bedeutet die erste Stele, IG. IV, 951, Syll.2 802
= 3 1168; II die zweite, IG. IV, 952, Syll.2 803 = 3 1169.
 
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