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Saxl, Fritz [Hrsg.]; Nationalbibliothek <Wien> [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1925/26, 2. Abhandlung): Verzeichnis astrologischer und mythologischer illustrierter Handschriften des lateinischen Mittelalters, 2: Die Handschriften der National-Bibliothek in Wien — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38875#0019
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Einleitung.

19

und okzidentalischen Quellen neue Bilder zusammensetzt und dann
bestrebt ist, diese heterogenen neuen Bilder durch das von der
gesamten mittelalterlichen lateinischen Theologie geübte Mittel der
Allegorese zu einer neuen Einheit zu vereinigen. Dabei entsteht
auch insofern etwas Neues, als in die alte heidnische Weisheit zum
erstenmal — seit der Spätantike, soweit wir es bisher überblicken
können — wieder christliche Elemente einmünden. Jupiter ist als
Geistlicher und Mercur als Bischof gekennzeichnet. Man sucht
den Weg, die astrologische Weltansicht der christlichen einzu-
gliedern. Die alten Sterngötter haben bei Scotus ihre spezifisch
heidnisch-mythologische Qualität verloren, sie haben dafür eine
neue astrologische erhalten, die ihr Wesen aus Orient und Okzident,
aus Heidentum und Christentum empfängt* 1. — Die historische
Bedeutung der Leistung des Scotus läßt sich nicht leicht hoch
genug schätzen, finden wir sein Werk doch schon in der National-
bibliothek sowohl in einer italienischen Abschrift des 15. Jahr-
hunderts, wie in einer böhmischen des 14. und zwei deutschen
Handschriften des 15. Jahrhunderts. Es dürfte kaum zu hoch
geschätzt sein, daß heute noch mehr als dreißig Handschriften der
Astronomie des Scotus erhalten sind.
III. Die orientalisierten Sternbilder-Darstellungen. — Dürers
Himmelskarte.
Die bisher betrachteten Sternbilderdarstellungen gehörten ihrer
Formgebung nach dem europäischen Kultur kreis an. Denn
selbst bei den Darstellungen, die die Scotus-Handschriften
schmücken, kann man kaum von einer Einwirkung orientalischer
Bildtypen sprechen. Erst in einer dritten Handschriften-
gruppe finden wir diesen Einfluß stark ausgeprägt.
Es ist das Verdienst Haubers, als erster auf die Bedeutung
hingewiesen zu haben, die die Handschriften des Sternkatalogs von
Sufi für das Morgenland und Abendland besassen2. Auch die Wiener
AHistory of Magic and Experimental Science (London 1923), und Charles
Homer Haskins, Studies in the history of med. Science (Cambridge 1924).
1 Auch die im Cod. 2372, einer alchemistischen Handschrift, enthaltene
Darstellung der Planetengötter (Taf. V, Abb. 9), der das Bild der Hand Gottes
vorangesetzt ist, zeigt Mercur als Bischof. Also auch hier eine ähnliche Mischung
heidnischerund christlicher Elemente wie bei Michael Scotus.
2 A. Hauber, Zur Verbreitung des Astronomen Süfi (Islam VIII, 1918,
S. 48—54).
 
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