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Saxl, Fritz [Hrsg.]; Nationalbibliothek <Wien> [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1925/26, 2. Abhandlung): Verzeichnis astrologischer und mythologischer illustrierter Handschriften des lateinischen Mittelalters, 2: Die Handschriften der National-Bibliothek in Wien — Heidelberg, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.38875#0020
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Saxl, Astrologe Hss. II. Bd. Wien.

Sammlung enthält eine Abschrift dieses Sternkatalogs, die mit Zeich-
nungen geschmückt ist (God. 5318), und diese Zeichnungen stammen
nun nicht mehr aus der autochthonen europäischen Tradition der
Sternbilderfiguren, sondern sind getreue Kopien jener Zeichnungen
(Taf.VII, Abb. 14, Taf.VIII, Abb. 15), mit denen die orientalischen
Sufi-Handschriften versehen sind1. Wenn wir nun ganz absehen von
den Details der Umstilisierung — die Bildungen des Draco haben
etwas von den Ornamentschnörkeln orientalischer Teppiche, die Be-
wegungen der menschlichen Figuren eine Rhythmik, die uns fremd
ist — so ist das Wesentliche der Umgestaltung, die die griechisch-
römische Sphäre auch hier im Osten erfährt, daß sie entmytho-
1 o gisiert wird. Der Mythos von Perseus ist eben auf orientalischem
Boden niemals lebendig gewesen, und so bedeutet seine Figur am
arabischen Himmel nur mehr den anthropomorphen Umriß einer
Gruppe von Sternen. Die wissenschaftliche Phantasie kann mit
dieser Figur, die nichts von dem Wesen des durch die Götter an
den Himmel A^ersetzten Heros hat, nach ihrem Gutdünken ver-
fahren; der Körper darf sich allein nach den Gesetzen bewegen,
die ihm der messende Verstand der Astronomen vorschreibt, der im
Osten die Formgebung viel stärker beeinflußt als im mittelalter-
lichen Westen. Bildungen, wie sie der temperamentvolle Illustrator
des Cod. 12600 geschaffen hat, sind in dieser Handschriftengruppe
nicht zu finden. Und trotzdem hält selbst die arabische Wissen-
schaft noch an der Bildtradition fest, wie es ja uns schon erstaun-
lich scheinen könnte, daß die spätgriechischen und -römischen
Astronomen daran festhielten. Es sind nur eben für den Orientalen,
und das ist das Entscheidende, nicht mehr Verkörperungen seiner
1 Abb. der Bilder einiger Süfi-Handschriften in der Ausgabe der Descrip-
tion des etoiles fixes des Abd-al-Rahman al-Süfi von H. C. F. C. Schjellerup
(St. Petersbourg 1874). Neuere Lichtdrucke nach einigen Blättern des God.
Paris, arab. 5036 bei E. Blochet, Les Peintures des mss. orientaux de la
Bibl.Nat. (Publ.de la Soc. frang. de Repr. de mss. ä peint., Paris 1914—20).
Das Nebeneinander der Darstellung der gekrönten und angeschmiedeten Andro-
meda mit der Darstellung, in der das Andromedabild mit dem Bild eines
Fisches kombiniert ist, ist charakteristisch für die orientalisierte Sphaera. Es
begegnet uns genau so schon in den arabischen Süfi-Handschriften; vgl.
Schjellerup, T. VI: Auch im Lapidario del Rey D. Alfonso X finden wir das
Bild der Andromeda ähnlich. Sie hat auf der Brust den einen der Fische,
zwischen den Füßen einen zweiten Fisch, um Hüften und Knie Ketten, die
noch durch eine senkrechte Kette verbunden sind. Nach Ideler a. a. O. S. 124
nennen die Araber den Stern über dem Gürtel der Andromeda „Bauch
des Fisches“.
 
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