Politische Prozesse.
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für damals, höchst hypothetisch. Jedenfalls bot das vassallitische
Disziplinarrecht dem König die prozessual weitaus günstigere
Stellung; und es war eine reine Machtfrage, wie lange die politischen
Verhältnisse dem König die Ausnützung dieser so günstigen Situa-
tion gestatten würden. Kein Wunder, daß unter Heinrich III.,
dessen Königtum in vieler Beziehung einen nie wieder erreichten
Höhepunkt darstellte, die politischen Prozesse noch genau unter
dasselbe Schema fallen wie die unter seinem Vorgänger. So fasse
ich insbesondere das Verfahren gegen Gottfried von Lothringen ab-
weichend von Niese nicht als entwickeltes Lehnsverfahren, son-
dern als Spruch eines Disziplinargerichts kraft Hausrechts auf.
Dafür scheint mir vor allem der Ausdruck contuberniales1 für die
Urteiler verwertbar zu sein. Trotzdem konnte sich diese Lehns-
entziehung als eine rechtmäßige bezeichnen2, nur nicht als eine
kraft Lehnrechts, denn das besondere lehnrechtliche Kontumazial-
verfahren durch förmliche Gewerentziehung galt damals noch nicht
in Deutschland. Der Prozeß gegen Konrad von Bayern (1053)
bildet insofern schon einen Übergang zu der Praxis Heinrichs IV.,
als es, wie Niese3 bereits im Anschluß an Biezler4 richtig betont
hat, bei dem Versuche, die Justizverweigerung durch formlose Ent-
ziehung des Herzogtums zu ahnden, nicht sein Bewenden hatte,
sondern auf Widerstand gegen die Urteilsvollstreckung noch ein
gewöhnliches achtrechtliches Verfahren älteren Stiles einsetzte,
das dann auch zur materiellen Fronung des Eigengutes führte.
IV.
Unter Heinrich IV. ändert sich das Bild. Die Fürstenprozesse
seiner Zeit sind sämtlich, zum Teil mit bewußter Betonung, volks-
rechtlich orientiert.
Dieser Zug paßt vollständig zu dem Bilde, das uns die neueste
Wissenschaft von diesem vielumstrittenen, gleich bedeutenden wie
erfolgsarmen Herrscher entworfen hat. In diesem Bilde treten jetzt
verfassungsgeschichtlich bedeutsame Züge in helle Beleuchtung,
1 Ann. Altah. maiores zu 1044, Scr. rer. Germ. p. 38.
2 Ann. Altah., a. a. 0.: est iudicatum, quicquid de parte caesaris haberet
beneficiorum, iure esse cariturum. Das vom Herausgeber gesetzte Komma
bezeichnet die Zäsur richtig. Siehe Rosenstock a. a. O. 3241. Güterbock,
Gelnhäuser Urk. (unten S. 49 A. 2) 125.
3 S. 205.
4 Geschichte Bayerns I, 468.
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für damals, höchst hypothetisch. Jedenfalls bot das vassallitische
Disziplinarrecht dem König die prozessual weitaus günstigere
Stellung; und es war eine reine Machtfrage, wie lange die politischen
Verhältnisse dem König die Ausnützung dieser so günstigen Situa-
tion gestatten würden. Kein Wunder, daß unter Heinrich III.,
dessen Königtum in vieler Beziehung einen nie wieder erreichten
Höhepunkt darstellte, die politischen Prozesse noch genau unter
dasselbe Schema fallen wie die unter seinem Vorgänger. So fasse
ich insbesondere das Verfahren gegen Gottfried von Lothringen ab-
weichend von Niese nicht als entwickeltes Lehnsverfahren, son-
dern als Spruch eines Disziplinargerichts kraft Hausrechts auf.
Dafür scheint mir vor allem der Ausdruck contuberniales1 für die
Urteiler verwertbar zu sein. Trotzdem konnte sich diese Lehns-
entziehung als eine rechtmäßige bezeichnen2, nur nicht als eine
kraft Lehnrechts, denn das besondere lehnrechtliche Kontumazial-
verfahren durch förmliche Gewerentziehung galt damals noch nicht
in Deutschland. Der Prozeß gegen Konrad von Bayern (1053)
bildet insofern schon einen Übergang zu der Praxis Heinrichs IV.,
als es, wie Niese3 bereits im Anschluß an Biezler4 richtig betont
hat, bei dem Versuche, die Justizverweigerung durch formlose Ent-
ziehung des Herzogtums zu ahnden, nicht sein Bewenden hatte,
sondern auf Widerstand gegen die Urteilsvollstreckung noch ein
gewöhnliches achtrechtliches Verfahren älteren Stiles einsetzte,
das dann auch zur materiellen Fronung des Eigengutes führte.
IV.
Unter Heinrich IV. ändert sich das Bild. Die Fürstenprozesse
seiner Zeit sind sämtlich, zum Teil mit bewußter Betonung, volks-
rechtlich orientiert.
Dieser Zug paßt vollständig zu dem Bilde, das uns die neueste
Wissenschaft von diesem vielumstrittenen, gleich bedeutenden wie
erfolgsarmen Herrscher entworfen hat. In diesem Bilde treten jetzt
verfassungsgeschichtlich bedeutsame Züge in helle Beleuchtung,
1 Ann. Altah. maiores zu 1044, Scr. rer. Germ. p. 38.
2 Ann. Altah., a. a. 0.: est iudicatum, quicquid de parte caesaris haberet
beneficiorum, iure esse cariturum. Das vom Herausgeber gesetzte Komma
bezeichnet die Zäsur richtig. Siehe Rosenstock a. a. O. 3241. Güterbock,
Gelnhäuser Urk. (unten S. 49 A. 2) 125.
3 S. 205.
4 Geschichte Bayerns I, 468.