Studien zur Spätscholastik. III.
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et titulum, tum gloriam et personam . . . papae“ usw. des Anonymus
(S. 119)1 erinnert unmittelbar an das bekannte Trotzwort Wesels
in den Paradoxa: „Ich veracht den Bapst, die Kirch und Concilia.
Ich lob Christum2.“ Der Protest gegen das mare voluminum Ponti-
ficiorum (S. 125), gegen die leges onerosissimae, die man dem Volke
über das evangelische Gesetz hinaus auflege, ist uns aus Wesels
Schriften ebenfalls bekannt; und wenn der Anonymus auch nicht,
wie Johann von Wesel, das päpstliche Vikariat Christi ausdrücklich
bestreitet, so nennt er den Papst doch mit zweifellos bewußter
Absicht legatus et fidus Dei minister (S. 122), nicht vicarius, und
noch deutlicher sagt er von ihm S. 126, daß er jactat se Christi vica-
rium3.“ Die Zahl solcher Parallelen ließe sich leicht noch ver-
mehren4, zumal wenn man die Weselschen Paradoxa des Ketzer-
verhörs mit heranzieht, die überall heftiger im Ausdruck sind als die
uns bekannten Schriften, auch deutlichere Anklänge an das ano-
nyme Pamphlet aufweisen. Endlich sind gewisse Stellen nicht ganz
zu übersehen, die als Äußerungen persönlicher Lebenserfahrung
unseres Magisters gedeutet werden könnten. Diese Sätze sind
bereits von Ullmann bemerkt5, von Clemen6 aber dann als „viel
zu unbestimmt“ entkräftet worden. Immerhin klingt die Stelle
S. 137, wo der Anonymus von den wenigen boni pastores spricht,
die man in den Winkel drückt oder ins Exil schickt, ziemlich deut-
lich wie ein Ausdruck persönlicher Erlebnisse.
Trotz alledem glaube ich nicht, daß Johann von Wesel ernst-
lich als Verfasser dieses ersten Teils in Frage kommt. Die Gegen-
gründe Clemens freilich scheinen mir nicht zwingend. Gewiß ist
der Stil ein anderer, als in dem Ablaßtraktat: leidenschaftliche,
ein wenig formlose und eintönige Anklagen, breit ausgesponnen,
ohne systematischen Gedankenfortschritt, an Stelle der streng
scholastischen Deduktion. Aber Stilmerkmale sind als quellen-
kritische Beweise immer recht unsicher, und schon die von mir
1 Ähnlich S. 127: Nihil moror bicornem milram, nihil me movet splen-
dida infula usw.
2 So in den Commentaria de concilio Basil. (unter dem Namen des
Aeneas Sylvius), wiederabgedruckt: Mainzer Monatschr. v. geistl. Sachen,
1789, S. 161 (fehlt bei d’Argentre, weil in deutscher Sprache!) und andernOrts.
3 Die richtigere Lesung in der Apologia Sim. Hessi (s. oben!): ,,Christi
quemadmodum (statt.: quando) se iactat vicarium“.
4 Ablehnung der Ablässe angedeutet S. 137.
5 Reformatoren vor der Reformation I. 268.
6 DZ GW II, 162.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1926/27. 5. Abh.
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et titulum, tum gloriam et personam . . . papae“ usw. des Anonymus
(S. 119)1 erinnert unmittelbar an das bekannte Trotzwort Wesels
in den Paradoxa: „Ich veracht den Bapst, die Kirch und Concilia.
Ich lob Christum2.“ Der Protest gegen das mare voluminum Ponti-
ficiorum (S. 125), gegen die leges onerosissimae, die man dem Volke
über das evangelische Gesetz hinaus auflege, ist uns aus Wesels
Schriften ebenfalls bekannt; und wenn der Anonymus auch nicht,
wie Johann von Wesel, das päpstliche Vikariat Christi ausdrücklich
bestreitet, so nennt er den Papst doch mit zweifellos bewußter
Absicht legatus et fidus Dei minister (S. 122), nicht vicarius, und
noch deutlicher sagt er von ihm S. 126, daß er jactat se Christi vica-
rium3.“ Die Zahl solcher Parallelen ließe sich leicht noch ver-
mehren4, zumal wenn man die Weselschen Paradoxa des Ketzer-
verhörs mit heranzieht, die überall heftiger im Ausdruck sind als die
uns bekannten Schriften, auch deutlichere Anklänge an das ano-
nyme Pamphlet aufweisen. Endlich sind gewisse Stellen nicht ganz
zu übersehen, die als Äußerungen persönlicher Lebenserfahrung
unseres Magisters gedeutet werden könnten. Diese Sätze sind
bereits von Ullmann bemerkt5, von Clemen6 aber dann als „viel
zu unbestimmt“ entkräftet worden. Immerhin klingt die Stelle
S. 137, wo der Anonymus von den wenigen boni pastores spricht,
die man in den Winkel drückt oder ins Exil schickt, ziemlich deut-
lich wie ein Ausdruck persönlicher Erlebnisse.
Trotz alledem glaube ich nicht, daß Johann von Wesel ernst-
lich als Verfasser dieses ersten Teils in Frage kommt. Die Gegen-
gründe Clemens freilich scheinen mir nicht zwingend. Gewiß ist
der Stil ein anderer, als in dem Ablaßtraktat: leidenschaftliche,
ein wenig formlose und eintönige Anklagen, breit ausgesponnen,
ohne systematischen Gedankenfortschritt, an Stelle der streng
scholastischen Deduktion. Aber Stilmerkmale sind als quellen-
kritische Beweise immer recht unsicher, und schon die von mir
1 Ähnlich S. 127: Nihil moror bicornem milram, nihil me movet splen-
dida infula usw.
2 So in den Commentaria de concilio Basil. (unter dem Namen des
Aeneas Sylvius), wiederabgedruckt: Mainzer Monatschr. v. geistl. Sachen,
1789, S. 161 (fehlt bei d’Argentre, weil in deutscher Sprache!) und andernOrts.
3 Die richtigere Lesung in der Apologia Sim. Hessi (s. oben!): ,,Christi
quemadmodum (statt.: quando) se iactat vicarium“.
4 Ablehnung der Ablässe angedeutet S. 137.
5 Reformatoren vor der Reformation I. 268.
6 DZ GW II, 162.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1926/27. 5. Abh.
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