Bruchstücke eines altlateinischen Psalters aus St. Gallen.
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Semikolon aus, sondern in eine diagonal bis zur oberen Schriftlinie
aufsteigende Punktreihe. Dieses Schlußzeichen wird zuweilen wieder-
holt und dient zur Ausfüllung der Zeile.1) Zu diesem Zweck be-
dient sich der Schreiber einmal auch einiger Schleifen.
Die Schrift istenoch wesentlich unzial, neigt aber bereits zur
Halbunziale. Danach das Alter bestimmen zu wollen, ist bekanntlich
schwierig; von Arx und Scherrer setzen sie ins 7., Chatelain und
Lowe ins 8. Jahrh. Das 8. Jahrh. dürfte indes die untere Grenze
sein. Denn die Blätter weisen eine große Zahl nachträglicher
Korrekturen auf, von denen die jüngsten frühkarolingische Minuskel
zeigen. Fol. 379 sind auch noch die Spuren einer Subskription in
merowingischer Schrift lesbar, die an diejenigen im PSALTERIUM
LUGDUNENSE gemahnt, für welche Delisle das 8. Jahrh. annimmt.
Die Worte hat schon Ildefons von arx beachtet; soweit noch er-
kennbar, lauten sie: in dei nomen in XPI nomen uenerabilis. Auf
keinen Fall gehören sie zum Psalmtext. Man könnte sie als probatio
pennae verstehen, besser aber als Randbemerkung eines Psalm-
benützers. Sie sind also auch so beziehungslos wie im Psalter von
Lyon.2) Aber noch eine dritte nachträgliche Fland läßt sich ver-
x) E. A. Lowe, Revue Benedictine 37 (1927) 178 f. findet dieses Zeichen auch
in den Hss. Paris N. A. lat. 1(119, Bern 611 (f. 42), Vat. Reg. 316, München 22 501.
Innerhalb des Titulus, nicht im Kontext, begegnet sie auch in Par. lat. 1625 s. VIII,
woraus E. Chatelain, Uncialis Scriptura, Paris 1901 eine Probe (pl. XLV1) mitteilt.
Auf diese Linie gehört auch Pal. 277, nach dem Stich zu schließen, den J. Bian-
chini seiner Ausgabe des Psalterium Veronense p. 295 beigibt. Der Kodex enthält
die Sententia Papae Leonis de apogryphis scripturis. Ich verdanke der Freund-
lichkeit von Dr. J. Montabaur eine Anzahl weiterer Textbilder. Das Schlußzeichen
unterscheidet sich von den St. Gallener Fragmenten einmal durch den schwächeren
Duktus, sodann dadurch, daß der Winkelhaken nicht auf der unteren Schriftlinie,
sondern in der Regel auf der mittleren liegt und nach unten geöffnet wird; der
eine kürzere Balken liegt wagerecht, der andere wird in der Diagonale der Punkte
entgegengesetzt bis tief unter die erste Schriftlinie gezogen. Bemerkenswert sind
aber ferner die Initialen. Auch hier werden dieselben zwei Typen angewandt.
Das Tiermotiv ist aber ganz deutlich. Herr Montabaur macht mich noch auf
L. Traube, dem sich Lindsay anschließe, aufmerksam. Traube, Regula S. Bene-
dicti (2. Aufl. von H. Penkers, S. 101) betrachtet Pal. 277 als ein Denkmal stadt-
römischer Schreibkunst des 8. Jahrh.
2) Solche probationes pennae oder notae marginales in merowingischer Schrift
kommen in den älteren Hss. von Lyon noch mehrfach vor, wie man schon aus
den Tafeln Lowes ersehen kann; vgl. Pl. IX, XI (Hexateuch!), XII, XV, XVII,
XIX, XX, XXIV, XXV, XXVI, XXVII, XXXI, XXXIV, XXXV, XXVII (Cod. Bezae!).
Sie zeigt auch der Corbeiensis Par. 12190 bei Chatelain, Uncialis scripturae
Pl. XCIX und für St. Gallen, Sang. 188, Pl. XL.
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Semikolon aus, sondern in eine diagonal bis zur oberen Schriftlinie
aufsteigende Punktreihe. Dieses Schlußzeichen wird zuweilen wieder-
holt und dient zur Ausfüllung der Zeile.1) Zu diesem Zweck be-
dient sich der Schreiber einmal auch einiger Schleifen.
Die Schrift istenoch wesentlich unzial, neigt aber bereits zur
Halbunziale. Danach das Alter bestimmen zu wollen, ist bekanntlich
schwierig; von Arx und Scherrer setzen sie ins 7., Chatelain und
Lowe ins 8. Jahrh. Das 8. Jahrh. dürfte indes die untere Grenze
sein. Denn die Blätter weisen eine große Zahl nachträglicher
Korrekturen auf, von denen die jüngsten frühkarolingische Minuskel
zeigen. Fol. 379 sind auch noch die Spuren einer Subskription in
merowingischer Schrift lesbar, die an diejenigen im PSALTERIUM
LUGDUNENSE gemahnt, für welche Delisle das 8. Jahrh. annimmt.
Die Worte hat schon Ildefons von arx beachtet; soweit noch er-
kennbar, lauten sie: in dei nomen in XPI nomen uenerabilis. Auf
keinen Fall gehören sie zum Psalmtext. Man könnte sie als probatio
pennae verstehen, besser aber als Randbemerkung eines Psalm-
benützers. Sie sind also auch so beziehungslos wie im Psalter von
Lyon.2) Aber noch eine dritte nachträgliche Fland läßt sich ver-
x) E. A. Lowe, Revue Benedictine 37 (1927) 178 f. findet dieses Zeichen auch
in den Hss. Paris N. A. lat. 1(119, Bern 611 (f. 42), Vat. Reg. 316, München 22 501.
Innerhalb des Titulus, nicht im Kontext, begegnet sie auch in Par. lat. 1625 s. VIII,
woraus E. Chatelain, Uncialis Scriptura, Paris 1901 eine Probe (pl. XLV1) mitteilt.
Auf diese Linie gehört auch Pal. 277, nach dem Stich zu schließen, den J. Bian-
chini seiner Ausgabe des Psalterium Veronense p. 295 beigibt. Der Kodex enthält
die Sententia Papae Leonis de apogryphis scripturis. Ich verdanke der Freund-
lichkeit von Dr. J. Montabaur eine Anzahl weiterer Textbilder. Das Schlußzeichen
unterscheidet sich von den St. Gallener Fragmenten einmal durch den schwächeren
Duktus, sodann dadurch, daß der Winkelhaken nicht auf der unteren Schriftlinie,
sondern in der Regel auf der mittleren liegt und nach unten geöffnet wird; der
eine kürzere Balken liegt wagerecht, der andere wird in der Diagonale der Punkte
entgegengesetzt bis tief unter die erste Schriftlinie gezogen. Bemerkenswert sind
aber ferner die Initialen. Auch hier werden dieselben zwei Typen angewandt.
Das Tiermotiv ist aber ganz deutlich. Herr Montabaur macht mich noch auf
L. Traube, dem sich Lindsay anschließe, aufmerksam. Traube, Regula S. Bene-
dicti (2. Aufl. von H. Penkers, S. 101) betrachtet Pal. 277 als ein Denkmal stadt-
römischer Schreibkunst des 8. Jahrh.
2) Solche probationes pennae oder notae marginales in merowingischer Schrift
kommen in den älteren Hss. von Lyon noch mehrfach vor, wie man schon aus
den Tafeln Lowes ersehen kann; vgl. Pl. IX, XI (Hexateuch!), XII, XV, XVII,
XIX, XX, XXIV, XXV, XXVI, XXVII, XXXI, XXXIV, XXXV, XXVII (Cod. Bezae!).
Sie zeigt auch der Corbeiensis Par. 12190 bei Chatelain, Uncialis scripturae
Pl. XCIX und für St. Gallen, Sang. 188, Pl. XL.