Cusanus-Texte. I. „Dies Sanctificatus“.
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Erwäge auch, wie ein Künstler aus einer Kunst mannigfaltige
Werke hervorbringen kann; je mehr, um so mächtiger und größer
ist seine Kunst; so ist die göttliche Kunst unerschöpflich.
Erwäge weiter, wie der Künstler das Kunstwerk hervorbringt:
zuerst entwirft er in seiner Kunst im Geiste ein Bild; dann umfaßt
er dies Bild, in der Weise, daß das Umfassen aus dem Entwerfenden
und dem Entwürfe hervorgeht; mit anderen Worten: aus dem
(zeugenden) Geist und der Kunst oder dem Begriff geht der Wille
hervor. So geht der Wille in Gott auf seine Weise hervor: Gott-
Vater entwirft im Geiste ein Bild, und es geht das Umfassen (des
Bildes) hervor; und dies ist die Dreifaltigkeit. — Wir lesen in der
Genesis, daß er schuf, dann sah, und dann aus diesen beiden Akten
das Gut-sein folgte; denn ,,es war sehr gut“.
Ein Gleichnis dafür ist die Tätigkeit des Künstlers; denn wie
das Kunstwerk sich zur endlichen Kunst verhält, so verhält sich
das Geschöpf zum Schöpfer. Denn am Kunstwerk läßt sich die
Art des Künstlers sehen; ebenso an den Geschöpfen die Art des
Schöpfers. Ebenso wie am Geschöpf nehmen wir ja am Kunstwerk
die Dreifaltigkeit in der Einheit wmhr. Die Truhe zum Beispiel
hat ihr Sein vom Künstler ebenso wie die ganze Welt ihr Sein von
Gott hat. Die Truhe ist eine, ist unterschieden und verbunden.
Und nun betrachte genau, -wie das Universum, sofern es in
seiner reinen Einheit betrachtet wird, Gott ist, da es ja das Ur-
bild der Welt und das Wort ist; denn nichts gibt es dann außer-
halb seiner. Aller Dinge Einheit ist Gott, und in jedem Teil des
Universums ist ein Weg (zu ihm) zu finden. Betrachten wir nur
irgend einen Teil der Truhe, etwa den Boden: er hat Einheit; er
hat Unterschiedenheit, da er Boden ist; und er hat Verbindung,
die aus seinem Sein und seiner Unterschiedenheit hervorgeht; denn
er richtet die Truhe, zu der er im Verhältnis steht, zu seiner Form
hin. Und ein gleiches gilt so für jeden Stein eines Turmes, gilt für
die Hand und den Fuß des Menschen im Verhältnis zum ganzen
Menschen ebenso wie überhaupt für jeden Teil des Universums
im Verhältnis zum Universum (als Ganzem).
Und nun betrachte, wie die Kunst in allen Teilen des Kunst-
werks wirksam ist: Wie (etwa) die im Hinblick auf die Einheit
der Verbindung des Turmes verschiedenartige Behauung des Steines
von einer und derselben Kunst abhängig ist, so sind alle Werke
in ihrer Verschiedenheit von einer und derselben Kunst abhängig.
Und sieh, wie der Kunst, dem Künstler und seinem geistigen Bild
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Erwäge auch, wie ein Künstler aus einer Kunst mannigfaltige
Werke hervorbringen kann; je mehr, um so mächtiger und größer
ist seine Kunst; so ist die göttliche Kunst unerschöpflich.
Erwäge weiter, wie der Künstler das Kunstwerk hervorbringt:
zuerst entwirft er in seiner Kunst im Geiste ein Bild; dann umfaßt
er dies Bild, in der Weise, daß das Umfassen aus dem Entwerfenden
und dem Entwürfe hervorgeht; mit anderen Worten: aus dem
(zeugenden) Geist und der Kunst oder dem Begriff geht der Wille
hervor. So geht der Wille in Gott auf seine Weise hervor: Gott-
Vater entwirft im Geiste ein Bild, und es geht das Umfassen (des
Bildes) hervor; und dies ist die Dreifaltigkeit. — Wir lesen in der
Genesis, daß er schuf, dann sah, und dann aus diesen beiden Akten
das Gut-sein folgte; denn ,,es war sehr gut“.
Ein Gleichnis dafür ist die Tätigkeit des Künstlers; denn wie
das Kunstwerk sich zur endlichen Kunst verhält, so verhält sich
das Geschöpf zum Schöpfer. Denn am Kunstwerk läßt sich die
Art des Künstlers sehen; ebenso an den Geschöpfen die Art des
Schöpfers. Ebenso wie am Geschöpf nehmen wir ja am Kunstwerk
die Dreifaltigkeit in der Einheit wmhr. Die Truhe zum Beispiel
hat ihr Sein vom Künstler ebenso wie die ganze Welt ihr Sein von
Gott hat. Die Truhe ist eine, ist unterschieden und verbunden.
Und nun betrachte genau, -wie das Universum, sofern es in
seiner reinen Einheit betrachtet wird, Gott ist, da es ja das Ur-
bild der Welt und das Wort ist; denn nichts gibt es dann außer-
halb seiner. Aller Dinge Einheit ist Gott, und in jedem Teil des
Universums ist ein Weg (zu ihm) zu finden. Betrachten wir nur
irgend einen Teil der Truhe, etwa den Boden: er hat Einheit; er
hat Unterschiedenheit, da er Boden ist; und er hat Verbindung,
die aus seinem Sein und seiner Unterschiedenheit hervorgeht; denn
er richtet die Truhe, zu der er im Verhältnis steht, zu seiner Form
hin. Und ein gleiches gilt so für jeden Stein eines Turmes, gilt für
die Hand und den Fuß des Menschen im Verhältnis zum ganzen
Menschen ebenso wie überhaupt für jeden Teil des Universums
im Verhältnis zum Universum (als Ganzem).
Und nun betrachte, wie die Kunst in allen Teilen des Kunst-
werks wirksam ist: Wie (etwa) die im Hinblick auf die Einheit
der Verbindung des Turmes verschiedenartige Behauung des Steines
von einer und derselben Kunst abhängig ist, so sind alle Werke
in ihrer Verschiedenheit von einer und derselben Kunst abhängig.
Und sieh, wie der Kunst, dem Künstler und seinem geistigen Bild