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Nikolaus [Hrsg.]; Hoffmann, Ernst [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1928/29, 3. Abhandlung): Cusanus-Texte: I. Predigten, 1: Dies sanctificatus vom Jahre 1439 — Heidelberg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.39951#0037
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Cusanus-Texte. I. „Dies Sanctificatus“.

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Christus selbst alles in allem ist. Aus diesem Grunde ist Christus
für jeden der Nächste, ja um vieles näher als selbst der leibliche
Vater und Bruder; denn er ist die wesenhaft-tiefste Innerlichkeit
eines jeden. Darum werden alle unsere Mängel in ihm, der unsere
Fülle und Vollkommenheit ist, ausgeglichen; in ihm finden wir
Rechtfertigung, in ihm sind wir heil, in ihm leben und weben wir.
Und wisse, daß du hier die wunderbare Verheißung sehen
kannst, die wir in Christus erhalten, und die alle Bewunderung
übersteigende Erlösung durch das Kreuz! Denn die Menschheit
Christi, die zu jener Größtheit erhoben ist, indem sie sich der Gott-
heit vereint, ist die wahrste und vollkommenste Menschheit aller
Menschen. Derjenige Mensch also, der Christus anhängt, der hängt
seiner eigenen Menschheit an, auf daß er so mit Christus eines sei,
wie Christus mit Gott. Jeder, der Christus anhängt und nicht in
irgend etwas anderem, sondern in seiner Menschheit, welche auch
die Christi ist, geeint ist, hat darum seine Schuld bezahlt, findet
Rechtfertigung, wird zum Leben erweckt, weil eben seine Mensch-
heit, welche eine ist in ihm und Christus, Gott durch das Wort
geeint ist. 0 größtes Mysterium!
Hier siehst du, wie die menschliche Natur in Christus durch
die Einung mit dem Wort Unsterblichkeit erlangt hat. Hier siehst
du den Beweis: ,,Wenn Christus auferstanden ist, also werden
auch wir auferstehen.“ Hier siehst du den Irrtum aller derer, die
ohne Christus das Heil erwarten. Hier siehst du, wie sehr diejenigen
irren und sich widersprechen, die an eine Auferstehung glauben
und Christus leugnen, wie Heiden und Juden es tun. Hier siehst du,
wie Christus alles in allem ist, und wie jener tiefsinnige Brief
des Paulus an die Epheser über die triumphierende Kirche zu ver-
stehen ist und die größte Wahrheit enthält. Hier siehst du deinen
Tröster in allen deinen Nöten; und unendliches derartige mehr.
Doch er ist das Licht, das uns leuchtend erschienen ist. Wie
aber ist er uns erschienen ? Da Gott verborgen war, offenbarte
er sich; da das Wort des Geistes dir verborgen war, nahm es,
damit es dir offenbar werde, die lautliche Gestalt <des gespro-
chenen Wortes) an, und unter dem gesprochenen Wort, das sein
Zeichen ist, ruht der Sinn verborgen; in gleicher Weise nun nahm
das verborgene ewige Wort fleischliche Gestalt an, damit Er
sichtbar werde. Er vollbrachte Werke, die kein anderer als Gott
vollbringen konnte, und so kam er, um unter den Menschen zu
wohnen. Anders war daher das, was sie sahen, anders das, woran
 
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