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E. Hoffmann und R. Klibansky.
die Seinsheit, der Ursprung. — Wollen wir ihn denken, so müssen
wir ihn aber in Relation denken; denn denken heißt Gleichung
setzen, und Gleichung ist Relation. Sie wird unter den göttlichen
Personen durch den Sohn vertreten; er ist das Gleiche in höchster
Potenz, er ist (als Sohn und Ebenbild) die Relation der Relationen,
er ist (als das primäre Geschöpf) Gedanke, Ratio, Logos; und hier-
durch wird er der Mittler zur Welt. — Denken wir Gott, so müssen
wir ihn als das Eine in Gleichung zu sich denken, also als die „Eins-
beit“ und das Eine ihr Gleiche, diese Verbindung ist aber in der
absoluten Sphäre Identität; sie wird christlich vertreten durch den
Begriff des Heiligen Geistes, er ist das Prinzip der Einung, welche
in der absoluten, rational unbegreiflichen Sphäre Identität, in der
begrifflichen, relativen Sphäre Synthesis ist, in beiden aber Aus-
druck der Liebe. — Der Urbestand alles Seins ist also: die Einheit,
die Gleichheit und deren Verbindung. Das bedeutet in der gött-
lichen Region das Identischsein von Gottes aktueller Substanz mit
dem, was er als sein Gleichnis gesetzt hat; und es bedeutet in der
weltlichen, relativen, rationalen Region: das eine, das andere und
deren Verknüpfung. Also beißt richtig denken trinitarisch denken,
für Cusanus wie schon für Augustin.
Hiermit ist in wenigen Worten die eigenartige Struktur der
Fundamente des Cusanischen Systems angedeutet : der suprara-
tionale heraklitische Gottesbegriff, die pythagoreisch-eleatische
Seinsdialektik und Wissenschaft, schließlich das platonische Gefüge
des Ganzen: nämlich Tmema zwischen metaphysischer Substanz
und phänomenaler Welt, Methexis von Relativem und Absolutem,
Verklammerung zwischen Göttlichem und Weltlichem durch den
Begriff des Mittlers, des Metaxy, und Deutung alles empirischen
Seins als „Zeichen“ und „Gleichnis“ des Absoluten. Von früh an
sahen die christlichen Väter die Trinität vorgebildet in den Lehren
des Pythagoras und Platon1. In Cusanus’ Dialektik sehen wir
deutlicher als irgendwo sonst, wie das christliche Trinitätsdogma
nur mit Hilfe antiker Logik hatte geschaffen werden können. Und
zwar ist auf den ersten Blick klar, daß die cusanische, auf „dem
einen, dem anderen und der Synthesis“ beruhende Fassung dem
genuinen Platonismus mit seiner Diairesis und Synthesis der ετερα
viel näher steht als die ältere Fassung bei den Vätern: Platon
1 Vgl. J. F. Chr. Löffler, Versuch über den Platonismus der Kirchen-
väter, Züllichau 1792. Das Buch ist noch immer lesenswert, keineswegs durch
H. v. Stein überholt.
E. Hoffmann und R. Klibansky.
die Seinsheit, der Ursprung. — Wollen wir ihn denken, so müssen
wir ihn aber in Relation denken; denn denken heißt Gleichung
setzen, und Gleichung ist Relation. Sie wird unter den göttlichen
Personen durch den Sohn vertreten; er ist das Gleiche in höchster
Potenz, er ist (als Sohn und Ebenbild) die Relation der Relationen,
er ist (als das primäre Geschöpf) Gedanke, Ratio, Logos; und hier-
durch wird er der Mittler zur Welt. — Denken wir Gott, so müssen
wir ihn als das Eine in Gleichung zu sich denken, also als die „Eins-
beit“ und das Eine ihr Gleiche, diese Verbindung ist aber in der
absoluten Sphäre Identität; sie wird christlich vertreten durch den
Begriff des Heiligen Geistes, er ist das Prinzip der Einung, welche
in der absoluten, rational unbegreiflichen Sphäre Identität, in der
begrifflichen, relativen Sphäre Synthesis ist, in beiden aber Aus-
druck der Liebe. — Der Urbestand alles Seins ist also: die Einheit,
die Gleichheit und deren Verbindung. Das bedeutet in der gött-
lichen Region das Identischsein von Gottes aktueller Substanz mit
dem, was er als sein Gleichnis gesetzt hat; und es bedeutet in der
weltlichen, relativen, rationalen Region: das eine, das andere und
deren Verknüpfung. Also beißt richtig denken trinitarisch denken,
für Cusanus wie schon für Augustin.
Hiermit ist in wenigen Worten die eigenartige Struktur der
Fundamente des Cusanischen Systems angedeutet : der suprara-
tionale heraklitische Gottesbegriff, die pythagoreisch-eleatische
Seinsdialektik und Wissenschaft, schließlich das platonische Gefüge
des Ganzen: nämlich Tmema zwischen metaphysischer Substanz
und phänomenaler Welt, Methexis von Relativem und Absolutem,
Verklammerung zwischen Göttlichem und Weltlichem durch den
Begriff des Mittlers, des Metaxy, und Deutung alles empirischen
Seins als „Zeichen“ und „Gleichnis“ des Absoluten. Von früh an
sahen die christlichen Väter die Trinität vorgebildet in den Lehren
des Pythagoras und Platon1. In Cusanus’ Dialektik sehen wir
deutlicher als irgendwo sonst, wie das christliche Trinitätsdogma
nur mit Hilfe antiker Logik hatte geschaffen werden können. Und
zwar ist auf den ersten Blick klar, daß die cusanische, auf „dem
einen, dem anderen und der Synthesis“ beruhende Fassung dem
genuinen Platonismus mit seiner Diairesis und Synthesis der ετερα
viel näher steht als die ältere Fassung bei den Vätern: Platon
1 Vgl. J. F. Chr. Löffler, Versuch über den Platonismus der Kirchen-
väter, Züllichau 1792. Das Buch ist noch immer lesenswert, keineswegs durch
H. v. Stein überholt.